Architektur ist nicht mehr bei den Menschen. Mit diesem Zitat verdeutlichte ein Kollege kürzlich, dass mangelndes Ansehen des Berufsstandes in der Gesellschaft auch mit fehlendem Verständnis für unsere Architektursprache zu tun hat. Die Frage ist berechtigt, ob nun wir leicht Verdauliches bieten müssen, oder der Verbraucher Verstehen lernen muss. Wie so oft gibt es keine eindeutige Antwort. Klar ist nur: Wir sind ziemlich auf uns alleine gestellt, wenn wir den Menschen die Bedeutung von Architektur nahe bringen wollen. Eine ganze Reihe von Wegen wurden erschlossen, um dem Thema Öffentlichkeit zu verschaffen. Ob Kampagnen wie „Wein und Architektur“, die in medienwirksamen Architekturpreisen münden, oder bundesweit angelegte Aktionen, wie die seit 16 Jahren veranstalteten architektouren, welche innerhalb der letzten sieben Jahre eine Besucherverdopplung erfuhren, gemeinsam ist den Aktivitäten gleichermaßen der Versuch, zum Verstehen zu erziehen, wie das Bemühen, verständliche Alltagsarchitektur zu präsentieren.
Zur Auftaktveranstaltung in Kiel sagte Dr. Klug, der Kultusminister von Schleswig-Holstein, das Sympathische am Tag der Architektur sei, dass er nicht nur das Spektakuläre in den Vordergrund stelle, sondern auch ästhetisch ansprechende Lösungen in der täglichen Umgebung. Damit verweist er auch auf die Adressaten unserer Arbeit. Natürlich wollen wir uns als Architekten beim Planen selbst verwirklichen, wollen unserem Auftraggeber ein Gebäude schaffen, an dem er seine helle Freude hat. Bauen dient aber nicht der Selbstbefriedigung von Architekten und Bauherrn, sondern ganz besonders auch den Menschen, in deren Umwelt wir gestalten. Wenn wir das bei der Arbeit beherzigen, kommt Architektur wieder zu den Menschen und wird für sie alle ... zum Genuss.
Ernst Wolfgang Eichler, Alzey Vizepräsident
Archivbeitrag vom 2. Juli 2010