21. Februar 2024

Bauen für Weinbaubetriebe

Vinothek des „Weingut Meyer“ in Heuchelheim-Klingen
Guter Start: Architekturpreis Wein 2016 für die Vinothek des „Weingut Meyer“ in Heuchelheim-Klingen von der Werkgemeinschaft Landau
Foto: Nikolay Kazakov, Karlsruhe

Für "Das Deutsche Weinmagazin" sprachen wir mit Carolin Seegmüller über ihre Erfahrungen, hier ein Auszug

Frau Prof. Seegmüller, Sie realisieren mit Ihrem Büro zahlreiche Projekte für die Weinwirtschaft. Wie kam es dazu?

Alles fing mit dem „Weingut Meyer“ in Heuchelheim-Klingen an – eine kleine Bauaufgabe mit großer Resonanz. Für die Gestaltung der neuen Vinothek, die in ein Drittel der Lagerhalle des Weinguts aus den 1970er Jahren eingebaut wurde, wurden wir 2016 mit dem bundesweiten „Architekturpreis Wein“ ausgezeichnet.

Sind durch die Auszeichnung vermehrt Winzerinnen und Winzer als Kunden zu Ihnen gekommen?

„Weingut Meyer“ ist sicher ein Referenzprojekt. Aber auch durch die Lage unseres Architekturbüros im „Gebäude 041“ auf dem ehemaligen Gelände der Landesgartenschau Landau (2015) sind wir noch einmal in den Fokus gerückt. Im Erdgeschoss ist die Vinothek „Par-Terre“, die Gebietsvinothek der Südpfalz und der Stadt Landau untergebracht.

Was sind Besonderheiten beim Bauen für Weinbaubetriebe?

Winzerinnen und Winzer sind spezielle Kunden. Kunden. Sie sind selbstständig, sie sind anpackend, sie möchten, dass es vorangeht. Weil viele der Baumaßnahmen gefördert werden, gibt es allerdings strenge Vorgaben. Das Prozedere vom Entwurf, über Bau- und Förderantrag,
die Prüfung der Ämter bis zum Erhalt des Förderbescheids, der oftmals an Bedingungen gekoppelt ist, erfordert besonderes Durchhaltevermögen. Darüber hinaus sind die Bauvorhaben von Weinbaubetrieben oft in einem eng bebauten Kontext zu sehen. Auf der sprichwörtlichen „grünen Wiese“ neu zu bauen, mit viel Platz drumherum, ist die Ausnahme. Meist geht es darum, die Baumaßnahme in ein bestehendes Gebäude, in einen Ortskern, zu integrieren.

Welche Architekturtrends zeichnen sich beim Bauen für die Weinwirtschaft ab?

Holzbau ist schwer gefragt. Und natürlich fungiert die Architektur zunehmend als Verkaufsargument, als Corporate Design, als Einladung zu kommen und in den Betrieb hineinzuschauen. Es ist nicht mehr wie früher an der Weinstraße die geschlossene Haus-Hof-Bebauung und das „Tor ist zu“. Man bricht eher auf, macht große Glasfronten und Fenster und zeigt die Betriebsabläufe, die Fässer und den Wein.

Zeigt sich hier auch eine neue Haltung der nachfolgenden Winzergenerationen?

Ja, gerade die jungen Winzerinnen und Winzer versuchen immer mehr, ihr Produkt über die Architektur zu verkaufen. Sie haben gemerkt, dass es nicht nur ausreichend ist, guten Wein zu machen, sondern dass man ihn mit einer entsprechenden Strategie und Architektur gut vermarkten kann. Außerdem nehmen wir wahr, dass die jüngere Generation sich viel besser vernetzt, auch bei Kolleginnen und Kollegen arbeitet, ins Ausland geht, miteinander Weine auflegt und zusammen Dinge angeht. Dieser Teamgedanke spiegelt sich auch in der deutlich offeneren Architektur wider.

Wie kann Architektur darüber hinaus die Firmenphilosophie widerspiegeln?

Im „Weingut Sauer“ in Landau-Nußdorf, einem etablierten Bioweingut, war es wichtig, dass die nachhaltige Art der Weinproduktion sich auch beim Bauen zeigt. Wir haben mit Lehm- und Holzbau gearbeitet, mit alternativen, regenerativen Energien, obwohl dies zum Zeitpunkt der Konzeption noch kein Standard war.

Sie sind Innenarchitektin und Architektin, können also aus beiden Perspektiven berichten. Welche Bauaufgaben sehen Sie bei welcher Fachrichtung?

Wenn es wirklich eine Maßnahme ist, die sich fast ausschließlich im Bestand abspielt, insbesondere eine Vinothek, ein Restaurant oder eine Probierstube, dann würde ich jedem gerne eine Innenarchitektin oder einen Innenarchitekten ans Herz legen wollen. Beim Neubau oder bei der Bewertung der technischen Gebäude sind die Architektinnen und Architekten gefragt. Aber an dieser Stelle ein für mich sehr wichtiger Appell: Man kann idealerweise ganz wunderbar zusammenarbeiten. Das gilt natürlich nicht nur für die Innenarchitektur, sondern auch im Bereich der Freiraumplanung für die Kollegenschaft aus der Landschaftsarchitektur.

Das Interview führte Bärbel Zimmer.

 

 

 

 


Prof. Carolin Seegmüller ist Jahrgang 1973 und bildet seit 2008 mit zwei Partnern die Büroleitung der „Werkgemeinschaft Landau“, einem Architekturbüro mit rund 40 Mitarbeitenden. An der Frankfurt University of Applied Science (UAS) hat sie seit 2023 eine Professur für Baubetrieb und Projektmanagement inne. Seit 2017 ist sie Mitglied der Vertreterversammlung der Architektenkammer Rheinland-Pfalz.