Frau Pawelke, Sie haben sich auf den Um- und Ausbau von Vinotheken und Weingütern spezialisiert. Wie kam es hierzu?
Wir hatten schon immer Winzer in unserem Kundenstamm. Kaum hatten wir die erste Vinothek realisiert, folgten weitere Anfragen und so beschäftigten wir uns intensiv mit den Strukturen von Weingütern und analysierten die Arbeitsabläufe. Das Thema Wein ist an der Mosel allgegenwärtig, im privaten wie geschäftlichen Bereich.
Was fasziniert Sie an Weingütern und ihrer Architektur?
Das interessante ist, dass es sich um gewachsene Strukturen handelt, die sich über die Jahre verändert und entwickelt haben. Jedes Weingut hat eigene Schwerpunkte, letztlich geht es aber immer um den Wein, um den Prozess, wie er vom Weinberg in die Flasche kommt. Natur und Handwerk spielen eine Rolle, ebenso Tradition, Identität, Erfahrung und der Mut, neue Wege zu gehen. Mit dem Generationswechsel in den Weingütern werden bestehende Strukturen hinterfragt und neu gedacht, was nicht immer ganz einfach ist. Die jungen Leute wollen Neues wagen aber gleichzeitig die Tradition wahren. Doch gerade die Kombination aus Neu und Alt ist das Spannende. Hinzu kommt der Effekt für die ganze Region, das Renommee der Mosel als Weinbaugebiet und attraktives Urlaubsziel. Wir sind von hier und somit ist es auch ein Stück weit unsere Identität.
Welchen besonderen Herausforderungen begegnen Sie in Ihrem Berufsalltag?
Die größte Herausforderung ist der Mensch. Bei Bauprojekten muss ein ganzes Team Hand in Hand zusammenarbeiten. Da ist der Bauherr – bei den Winzern meist die ganze Familie, wo man auch zwischen den Ideen und Wünschen der Generationen vermitteln muss. Dazu kommen Handwerker, Statiker, Fachingenieure. Man muss flexibel bleiben und immer wieder auf neue Ideen reagieren. Zudem stellen Förderprogramme besondere Anforderungen. Wir bauen ja vorwiegend im Bestand. Das Einzige, das hier sicher ist, ist die Überraschung.
Zeichnen sich im Bau von Vinotheken Trends ab?
Die Vinothek an sich ist ein Trend. Sie ist Plattform für den Kundenkontakt und die verstärkte Selbstvermarktung. Die Winzer sind bestrebt einen individuellen Wein zu machen und dazu muss die Vinothek passen. Qualität statt Quantität ist ein großes Thema – sowohl beim Wein als auch bei der Architektur!
In den vergangenen Jahren haben Sie wiederholt am Tag der Architektur teilgenommen. Worin liegt für Sie der Mehrwert?
Beim Tag der Architektur kann man unverbindlich ins Gespräch kommen mit Bauherren, Kollegen und Handwerkern. Es ist ein schöner Austausch, aus dem schon zahlreiche neue Projekte entstanden sind.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Lena Pröhl.
Archivbeitrag vom 22. August 2019