16. Dezember 2009

Gemeinsam besser Bauen - Vortrag von Klaus Wehrle

Das Bauteam-Modell wurde von Architekt Klaus Wehrle initiiert. Es basiert auf einem ursprünglich in den Niederlanden entwickelten Modell, das von ihm an die deutsche Baubranche angepasst und weiter optimiert wurde. Beim achten rheinland-pfälzischen Architektentag in Landau stellte er es am 2. Oktober 2009 vor.

Seit über zehn Jahren wendet Wehrle es erfolgreich an. Inzwischen hat er weit über 20 Projekte, vom Einfamilienhaus über Reihenhäuser bis hin zu kompletten Wohnanlagen und Gewerbebauten, in dieser Form realisiert.

Ziel des Bauteam-Modells sei es, Planung, Kosten, und Termine zu optimieren und dabei die Qualität zu sichern, so Wehrle. Erreicht werde dies durch eine vertrauensvolle, gleichberechtigte Zusammenarbeit von Planern und Handwerksunternehmen bereits in der Planungsphase.

Das Bauteam sieht er als strategischen Zusammenschluss zwischen Auftraggeber, Planer und Handwerkern. Es sei ein Verfahren mit fest geregelten Abläufen und Handlungsanleitungen, durch das die Architekten wieder mehr Einfluss auf die Bauausführung erlangen, ihr Image verbessern und über die Kostensenkung die Binnennachfrage ankurbeln könnten. Zudem sei es die klassische Alternative zur GÜ- und GU-Vergabe, „eine Riesenchance für Architekten, da es dem Bauherrn Kostensicherheit bietet, ohne dass der Architekt gewerblich tätig sein muss,“ berichtete Wehrle.

Kostenreduzierung

„Die Kostenentwicklung ist in der Planung relativ gering“, rief Wehrle in Erinnerung, bei der Ausführung steige diese dann aber stark an. In der Nutzungsphase flache sie, je nach Projekt, wieder ab. Die Kostenbeeinflussbarkeit sei in der Planung jedoch am größten, da betrage sie 70 Prozent. Das bedeute, so Wehrle, „wenn jemand die Kosten beeinflussen will, dann muss er das in der Planungsphase tun, und dazu braucht er das Know-how der ausführenden Unternehmen.“ Daher arbeiten beim Bauteam Planer und Handwerker bereits ab der Leistungsphase zwei mit dem Ziel der Kos-tenminimierung eng zusammen.

In der momentanen Situation hätten Unternehmen dann Erfolg, wenn sie dem Planer einen Fehler nachweisen könnten, stellte Wehrle fest. So erhielten die Firmen die Möglichkeit, Nachträge zu stellen und ihre schlechten Einstandspreise - zu denen sie besonders bei öffentlichen Ausschreibungen gezwungen seien, um konkurrenzfähig zu bleiben - aufzubessern. Es gebe sogar Schulungen, die das geschickteste Vorgehen vermittelten. So sei keine kooperative, zielgerichtete Zusammen- arbeit möglich, stellte Wehrle fest. Das Bauteam-Modell unterbinde dies, indem Architekt und Unternehmer nicht hierarchisch sondern auf einer Ebene miteinander arbeiteten, ohne dass dabei die gesamtplanerische Verantwortung des Architekten eingeschränkt werde.

Im Vergleich zu einer GÜ- und GU-Vergabe entfielen die Zuschläge für das Controlling und die zusätzliche Gewinn-Marge.

Beauftragung

Die Vertragsgestaltung im Bauteam sei relativ simpel, beruhigte Wehrle. Der Auftraggeber vergebe einen Pauschalvertrag an den Architekten und die anderen Ingenieure, und auch die einzelnen Unternehmen würden pauschal beauftragt. Diese Kette von Pauschalverträgen sorge in der Summe für eine Gesamtkos-tenpauschale und damit für Kostensicherheit für den Bauherrn. Die direkte Beauftragung der Fachfirmen sorge zudem dafür, dass diese ein mangelfreies Produkt lieferten. Dies sei ein großer Vorteil gegenüber GÜ-Vergaben, bei denen es eine Kette von Auftragsverhältnissen gebe, in deren Verlauf die Qualität erfahrungsgemäß nicht zu, sondern erheblich abnehme, so Wehrle.

Das Team

Viele Kunden forderten eine objektive Auswahl der Firmen. Dafür hat Wehrle folgendes Verfahren entwickelt: Gemeinsam mit dem Bauherrn stellt er eine Vorschlagsliste mit ausführenden Unternehmen zusammen. Firmen könnten aber auch über eine Meldung in der Zeitung aufgerufen werden, sich zu bewerben. Anschließend erhalten die Unternehmen einen Qualitätsmanagementbogen in dem unter anderem die folgenden Fakten abgefragt werden: Bildet das Unternehmen selber aus? Hat es Fachkräfte? Existiert ein eigenes Qualitätsmanagement-System? Welche Referenzen gibt es? Und um die Kosten zu erfassen, werden die Preise von Schwerpunktpositionen erfragt. Mit rund 25 Prozent der Schwerpunktpositionen könne man bei einer Rohbauausschreibung über 90 Prozent der Kosten abbilden, so Wehrle. Qualität und Preis könnten so im Voraus bewertet werden und die Entscheidungsbasis für die Auswahl der Fachfirmen bilden.

Vorteile des Bauherrn

Mit einem Bauteam hat der Bauherr Kostensicherheit durch die Summe der Einzelpauschalen. Zudem gebe es eine deutliche Kosteneinsparung, eine hohe Qualität durch die Beauftragung von qualifizierten Firmen, eine bessere und umfassendere Betreuung und es könne ein After-Sale-Service vereinbart werden, so Wehrle. Der Bauherr habe außerdem eine höhere Risikoabsicherung. Wie üblich haftet jeder Vertragspartner für seinen Verantwortungsbereich. Dem Auftraggeber stehen jedoch bei einem gemeinsam verursachten Schaden die jeweiligen Beteiligten als Gesamtschuldner zur Verfügung. Dies sei ein Vorteil gegenüber GU-Modellen und gegenüber dem Kauf einer Immobilie von einem Vertragspartner. Denn dort stehe beim Ausfall des Einzelgaranten im schlimmsten Fall neben einer geringen Bürgschaft niemand mehr für die Mängelbeseitigung zur Verfügung. Auch könne der Bauherr beim Bauteam selber entscheiden, in wie weit er sich im Bauablauf engagieren will. Sein erster Ansprechpartner sei aber weiterhin der für die Gesamtplanung und Koordination verantwortliche Architekt.

Vorteile für Architekten und Unternehmen

Architekten erhalten durch das Bauteam-Modell eine Strategie für die Umsetzung großer Bauprojekte, größere Auftragsvolumen durch die beauftragten Leistungsphasen eins bis acht, Erfahrungsgewinne durch die Kooperation, sie erhielten ihre Ausführungskompetenz zurück und vor allem eine Zukunftschance, so Wehrle. Die Unternehmen erzielen auskömmlichere Preise, Material können sie viel eher disponieren und ihre Mitarbeiter besser einteilen, sie haben einen besseren Kontakt zum Bauherrn und durch die Kooperation können Folgeaufträge generiert wreden.

Ein Erfolgsmodell?

Die Projekte, die Wehrle realisiert hat, seien in der Regel 10 - 40 Prozent günstiger als vergleichbare Objekte am Markt gewesen. Es habe einen reibungsloseren Bauablauf und einen besseren Kontakt zum Auftraggeber gegeben. Man sei nicht nur Erfüllungsgehilfe sondern auch eine geschätzte Personen gewesen, erzählte Wehrle. Zum Ende seines Vortrages machte er allen anwesenden Architekten Mut, den Bauteam-Ansatz im eigenen Büro auszuprobieren. „Für uns hat es sich gelohnt“, so sein eindeutiges Fazit.

Der Leitfaden Bauteam ist von den Architektenkammern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz erstellt worden und kann in der Geschäftsstelle kostenfrei mitgenommen oder bestellt werden: Tel. 06131/9960-18.

 

Archivbeitrag vom 16. Dezember 2009