Ordentliche Wettbewerbsverfahren haben es - wie gerade in Mainz zu besichtigen - nicht immer leicht. Es treten auf: drei briefmarkengroße Renderings, die örtliche Presse, die Volksseele und die Verantwortlichen, die einen gut vorbereiteten und transparenten Wettbewerb unvermutet kleingeredet sehen. Man versteht es nicht so ganz. Die Qualität der Entwürfe jedenfalls ist einem Museum, das in die Welt strahlen will, angemessen. Die Verfasser haben es mit einem anspruchsvollen städtischen Umfeld zu tun: der Dom, das Haus zum Römischen Kaiser, der Liebfrauenplatz, die Innenstadtlage, ein historischer Kontext.
Die Mainzer Bürger waren im Vorfeld nicht nur eingebunden, das ganze Verfahren kam auf bürgerschaftliches Engagement der „Freunde des Gutenberg-Museums“ hin zustande. Das Stadtparlament war eingebunden. Nachweisbare Reaktionen gab es zu diesem Zeitpunkt keine. So verwunderte es, dass schon bei der ersten Veröffentlichung von drei briefmarkengroßen Renderings der Preisträger, die angebliche Volksseele beinahe reflexhaft aufkochte und sich zu Verrissen hinreißen ließ, ohne überhaupt die detaillierten Lösungen gesehen zu haben. Ob der Bürgerwille die Presse oder die Presse den Bürgerwillen antrieb, blieb nebulös.
Die eher plakative Kritik ließ nach der ersten Ausstellung und umfangreichen Erläuterungen der Arbeiten durch den Juryvorsitzenden, die Vorprüfung, die Fach- und Sachpreisrichter und der Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, die das Wettbewerbsverfahren an sich in einem Interview und einer öffentlichen Führung durch die Ausstellung beleuchtete, etwas nach, doch noch ist alles offen. Inzwischen wurde die Ausstellung zweimal verlängert. Führungen finden viel Anklang, oft hört man, es lohne sich, sich mit dem Ergebnis auseinanderzusetzen. Diese Wertschätzung durch eine begründete Debatte statt plakativer Geschmacksurteile wünsche ich mir für unseren Berufsstand und seine Arbeit, die er der Gesellschaft in gesicherten, transparenten Verfahren zur qualitativen Steigerung von Planung zur Verfügung stellt!
Gerold Reker, Präsident
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Archivbeitrag vom 14. April 2016