Mit dem im Jahr 2015 eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren wegen der HOAI hatte die EU-Kommission für sich in Anspruch genommen, auch für die rein inländische Niederlassungsfreiheit zuständig zu sein. Aus Sicht der Kommission behindert die Honorarordnung die Niederlassungsfreiheit durch ihre verbindlichen Mindestsätze: Gäbe es die Mindestsätze nicht, so die EU-Argumentation, würden sich mehr aus- und inländische Büros in Deutschland niederlassen - dies komme der Wirtschaft und dem Wettbewerb zugute. Kammern und Verbände hatten mit einer umfangreichen Argumentation die Bundesregierung von der Bedeutung der verbindlichen Honorarordnung insbesondere für die Qualität und damit den Verbraucherschutz überzeugt. Unterstützung erfährt die Bundesarchitektenkammer vom EU-Parlamentsabgeordneten Markus Ferber: „Das Vorgehen der Kommission ist unverantwortlich. Sie will Qualität und Sicherheit auf dem Altar des schrankenlosen Wettbewerbs opfern. Architekten und Ingenieure modernisieren Häuser, bauen Brücken und planen Schulen und haften für ihre Leistungen. In solchen sensiblen Bereichen darf es nicht allein um den Preiswettbewerb gehen. Die deutsche HOAI hat sich seit vielen Jahren bewährt. Sie garantiert höchste Qualität, sorgt für ein hohes Verbraucherschutzniveau und ist gleichzeitig ein System mit hoher Kostentransparenz. Solche gewachsenen Strukturen, die von großem Nutzen für den Verbraucher sind und Ideenreichtum und Innovationen fördern, sollten wir unbedingt erhalten. Die Kommission verkennt vollkommen, dass es hier nicht um Wettbewerbsbeschränkungen, sondern um die Bewahrung eines Mindestmaßes an Qualität geht.“
Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, wies darauf hin, dass die Zahl der Architekturbüros in Deutschland von 35.021 (2008) auf über 41.117 (2014) gestiegen sei. Dies belege, dass die HOAI kein Hindernis darstelle, sich hier niederzulassen - weder für In- noch für Ausländer. Ein Preiswettbewerb bei Planungsleistungen verfehle das Ziel einer guten Planung, denn billigere Planung bedeute in aller Regel weniger und schlechtere Planungsqualität. Wer am Planen spare, zahle später beim Bau und im Betrieb des Gebäudes vermeidbare erhöhte Kosten.
„Wir werden weiter mit guten Argumenten für den Erhalt der Honorarordnung kämpfen“, so Ettinger-Brinckmann zur aktuellen Entwicklung.
Archivbeitrag vom 21. November 2016