Frau Stauder-Buschlinger, Sie arbeiten als Architektin bei der BASF Wohnen + Bauen GmbH. Was sind ihre Schwerpunkte dort?
Als Projektleiterin entwickle und bearbeite ich Projekte ganzheitlich – vom ersten Konzept bis zur Übergabe. Und das Portfolio ist groß: Es umfasst denkmalgeschützte Immobilien, sanierte Altbauten bis hin zu Neubauten, aber auch gewerbliche Gebäude der BASF, die regelmäßig technisch erneuert werden müssen. Je nach Projektphase erfolgt die Bearbeitung im Team mit externen und internen Partnern. Dabei halte ich stets die Bauherrenanforderungen, Kosten, Termine und Qualitäten sowie Nachhaltigkeitsbelange und einen angemessenen Ressourceneinsatz im Blick.
Was fasziniert Sie besonders am Grundgedanken der Kreislaufwirtschaft?
Baumaterialien wieder zu verwenden, hat eine jahrhundertelange Tradition, ja war einst eine Selbstverständlichkeit. So wurden in unserer Region vor allem Sandsteine und Hölzer alter oder zerstörter Gebäude wiederverwendet. Darauf sollten wir uns zurückbesinnen! Denn heute stehen wir vor der Situation, dass Gebäude teils schon nach 30 Jahren abgerissen werden. Abbruchmengen wachsen und wachsen und mit der Neuerrichtung von Bauten steigen die Treibhausgasemissionen. Beides gilt es zu reduzieren. Und genau hier setzt der Grundgedanke der Kreislaufwirtschaft an, der für mich in einer wertschätzenden Haltung sowie einem rücksichtsvollen Umgang mit Ressourcen und Energien liegt. Es wird differenziert zwischen dem Bewahren und Weiternutzen von Bausubstanz (use), der Wiederverwendung bereits demontierter Bauteile (reuse) und der Verwertung von Material zu neuen Bauteilen (recycle).
Seit vielen Jahren wirken Sie ehrenamtlich in der Vertreterversammlung mit. Warum?
Um aktiv an der Gestaltung berufspolitischer Themen, Anliegen und Rahmenbedingungen mitzuwirken. Zudem schätze ich den kollegialen Austausch und die Möglichkeit, gemeinsam Wissen zu teilen.
Seit Kurzem leiten Sie die Arbeitsgruppe Kreislaufwirtschaft. Was sind die Ziele?
Ziel ist es, in erster Linie ein größeres Bewusstsein für das Thema „Kreislaufwirtschaft“ zu schaffen. Dies setzt auch einen Wandel des Konsumgedankens voraus, der den Wert von Bestehendem und Langlebigkeit wieder stärker anerkennt. Wir wollen Wissen bündeln, nach neuen Wegen und Möglichkeiten suchen und schließlich Methoden zur Wiederverwendung und -verwertung von „Altem“ aufzeigen – nicht zuletzt anhand gebauter Beispiele, die oftmals im Zusammenhang mit Denkmalschutz zu finden sind. Angedacht sind der Aufbau einer Wissensdatenbank, Vorträge und Seminare zum Thema, auch als Podcast.
Nachhaltiges und ressourcenschonendes Bauen sind die großen Zukunftsaufgaben. Wo sehen Sie Trends, wo Potenziale?
Zirkuläres Bauen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Dabei wird bereits im Planungsprozess der gesamte Lebenszyklus – von der Herstellung über die Nutzung bis zum Rückbau – betrachtet, um Materialkreisläufe konsequent zu schließen. Ein wichtiger Faktor sind demontable Konstruktionen, bei denen Bauelemente leicht und schadensfrei wieder gelöst und weiter verwendet werden können. Dadurch verändert sich die Planungsleistung; schließlich müssen Eigenschaften, Herkunft und Lebensdauer „gebrauchter“ Materialien erfasst und in der Verbindung für das Gesamtbauwerk geprüft werden. Ein Potenzial zur Unterstützung der Planung kann die BIM-Methode bieten. Künftig werden wir Bauherrinnen und Bauherren also stärker beraten, wie gebrauchte oder langlebige Materialien eingesetzt werden können. Der Trend hin zum Bauen mit Holz und Lehm hat längst begonnen. Hinsichtlich steigender Kosten für Baumaterialien und Transport liegen zudem Chancen im Einsatz von regionalen Materialien. Urban Mining reduziert den Transport von Material.
Das Interview führte Lena Pröhl.