20. Juni 2016

Rendite sichern - Entwicklung der Bayerischen Architektenversorgung

Vizepräsident Frank Böhme berichtet in der Juli-Ausgabe des Deutschen Architektenblattes über die Entwicklung bei der Bayerischen Architektenversorgung (BAV) in den vergangenen fünf Jahren.

Ende Januar 2017 läuft die aktuelle Wahlperiode unserer Kammer aus. Zeit für Rückblicke, auch zu den Entwicklungen der Bayerischen Architektenversorgung (BAV). In den vergangenen fünf Jahren musste sich diese zwei großen Herausforderungen stellen: Erstens der Einführung des offenen Deckungsplanverfahrens (oDPV) mit Punktebewertung. An den Kapitalmärkten verschärfte sich in den letzten Jahren die Phase historisch niedriger Zinsen. Das Versorgungswerk stellte sich schon frühzeitig darauf ein und senkte den Rechnungszins 2005 auf 3,25 % und ab 2010 nochmals auf 2,25 %.

Zum 1. Januar 2015 wurden mit der Änderung des Finanzierungssystems für neue Beiträge nun weitere, flexiblere Reaktionsmöglichkeiten geschaffen, um den geänderten Rahmenbedingungen angemessen begegnen zu können, die Vorteile unterschiedlicher Finanzierungssysteme zu verbinden und die Risikotragfähigkeit insgesamt zu erhöhen. Im Zuge dessen hat die BAV ihre Kapitalanlagen deutlich breiter aufgestellt und diversifiziert sowie alle Anstrengungen unternommen, attraktive und renditestarke Anlagen zu erschließen. Diese Strategie ging auf und in den vergangenen Jahren konnten beachtliche Nettorenditen von fast 4 % erzielt werden.

Wie ist nun nach fast eineinhalb Jahren “Erfahrung” die Umstellung auf das Punktesystem zur Berechnung der Rentenbezüge zu bewerten? Das Ziel der Satzungsänderung war, die Risikotragfähigkeit des Versorgungswerks zu erhöhen. Dieses Ziel wurde erreicht. Die Verpflichtungen des Versorgungswerks werden nicht mehr einseitig allein durch Vermögensanlagen gespeist, sondern können - soweit notwendig - auch durch Beitragsanteile gedeckt werden. Dieses oDPV kommt seit vielen Jahren bei der Mehrzahl der berufsständischen Versorgungswerke zum Einsatz und hat sich dort bewährt.

Bisher profitierte die BAV in starkem Maße vom Anwartschaftsdeckungsverfahren (ADV) und nutzte die Kapitalmarktvorteile der hohen Zinsphasen. Bei extrem niedrigen Zinsphasen zeigt sich aber, dass die Reaktionsmechanismen im ADV begrenzt sind. Deshalb hat der Landesausschuss beschlossen, die Reaktionsmöglichkeiten zu erweitern und die Vorteile des neuen Finanzierungssystems zu nutzen. Diese Reaktionsmechanismen, wie Umlageelemente, sind nun systemtechnisch angelegt. Bislang sind diese Mechanismen noch nicht zum Einsatz gekommen. Die BAV ist weiterhin vollständig kapitalgedeckt und konnte ihre Reserven in den letzten Jahren sogar geringfügig ausbauen.

Die zweite Herausforderung betraf die Befreiungsmöglichkeit von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. Mit den Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 31. Oktober 2012. Die bisherige Praxis bei Befreiungen von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht änderte sich mit diesem Datum grundlegend. War es bis dahin üblich, dass eine gewährte Befreiung auch für eine neue berufsspezifische Tätigkeit galt, setzte das BSG dieser langjährigen und aus Sicht aller Beteiligten sehr unbürokratischen Verfahrensweise ein Ende.

Die Entscheidungen des BSG betrafen zwar nicht unseren Berufsstand. Sie hatten trotzdem grundlegende Bedeutung für alle berufsständisch Versicherten. Seither muss bei jedem Beschäftigungswechsel oder wesentlicher Tätigkeitsänderung ein neuer Befreiungsantrag gestellt werden. Nicht nur die einzelnen Betroffenen empfinden diese Änderung als sehr bürokratisch. Auch bei der BAV zogen die Befreiungsanträge seither um mehr als das Vierfache an und verursachen enormen Verwaltungsaufwand. Bei den Mitgliedern besteht zudem Rechtsunsicherheit im konkreten Fall.

Aus Sicht unseres Berufsstands besteht derzeit kein Grund zur Beunruhigung. Eine signifikante Zunahme der Befreiungsablehnungen stellt das Versorgungswerk nicht fest. Bei einer Tätigkeit außerhalb des klassischen Bereichs der Architekturbüros, d.h. in Unternehmen, bewähren sich jedoch folgende Grundregeln: Im Arbeitsvertrag sollten die Berufsaufgaben konkret mit der Berufsbezeichnung „Architekt“, „Landschaftsarchitekt“, „Innenarchitekt“, „Stadtplaner“ aufgeführt sein. Stellen- oder Arbeitsplatzbeschreibungen sollten die ausgeübten Berufsaufgaben detailliert beinhalten und auf die jeweilige Fachrichtung der Architektenliste Bezug nehmen. Bereits in der Stellenausschreibung sollten Arbeitgeber deutlich machen, dass ein Architekt, Stadtplaner, Landschafts- oder Innenarchitekt für die konkrete Aufgabe gesucht wird. Empfehlenswert ist auch eine Bestätigung des Arbeitgebers, dass für die ausgeübte Tätigkeit die Ausbildungsanforderungen eines Architekten, Stadtplaners, Landschafts- oder Innenarchitekten notwendige Voraussetzung sind. Im Kern reduziert sich in den meisten problembehafteten Befreiungsverfahren die Frage darauf, ob die ausgeübte Tätigkeit dem Berufsbild der jeweiligen Fachrichtung entspricht. Das BSG machte in seinen Urteilen deutlich, dass bei Einzelfallentscheidungen der DRV Bund/der Sozialgerichte die berufsrechtlichen Bestimmungen als maßgebend für die Bewertung der Befreiungsfähigkeit heranzuziehen sind.

Ein starkes Engagement der Kammern, wenn es um die Auslegung und Weiterentwicklung des Berufsbildes geht, ist hier im Interesse der Mitglieder begrüßenswert.?

 

Archivbeitrag vom 20. Juni 2016