Herr Schmid, Sie sind von der Architektenkammer Rheinland-Pfalz öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken. Von der Industrie- und Handelskammer wurden Sie als Sachverständiger für Schäden an Gebäuden bestellt. Zudem engagieren Sie sich in der Kammer, sind Mitglied im Prüfungsausschuss für Schäden an Gebäuden und stellvertretender Vorsitzender im Sachverständigenausschuss.
Die Auftragslage für ö.b.u.v. Sachverständige ist sehr gut und zudem wenig konjunkturanfällig. Warum kämpft das Sachverständigenwesen dennoch mit Nachwuchsproblemen?
Gerade im Sachgebiet Bauschäden fehlt der Nachwuchs. Viele scheuen das Sachverständigenwesen. Denn der Weg bis zur öffentlichen Bestellung und Vereidigung ist steinig. Man braucht nicht nur langjährige Berufserfahrung und eine sehr gute Sachkenntnis, sondern muss sich auch kontinuierlich fortbilden.
Was waren Ihre Beweggründe ö.b.u.v. Sachverständiger zu werden?
Nach der Wende war ich als angestellter Architekt vorwiegend in der Leistungsphase 9 tätig. Da kam ich oft mit Sachverständigen in Kontakt, mit denen ich nur selten einer Meinung war. Für mich war das Anlass, selbst Sachverständiger zu werden und es besser zu machen.
Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt? Was fasziniert Sie besonders an Ihrem Berufsalltag?
Auf alle Fälle. Auch nach über zwanzig Jahren macht die Arbeit als Sachverständiger Spaß. Denn kein Fall gleicht dem anderen. Man muss immer wieder neu in die Materie einsteigen und lernt bei jedem Gutachten etwas dazu.
Wie wird man eigentlich ö.b.u.v. Sachverständiger? Was ist aus ihrer Sicht die größte Hürde?
Die Prüfung gilt als eine der größten Hürden, ist aus meiner Sicht aber durchaus machbar. Was den Kollegen fehlt, ist die Praxis im Gutachten schreiben. Wenn wir den Berufsstand am Leben erhalten wollen, müssen wir den Nachwuchs fördern und ihm die Chance geben, im Sachverständigenbüro mitzuarbeiten.
Ist das Sachverständigenwesen eine Männerdomäne? Und wenn ja, woran liegt das?
Das kommt ganz auf das Bestellungsgebiet an: Im Bestellungsgebiet Grundstücksbewertung ist der Frauen- und Männeranteil recht ausgeglichen. Das Gebiet Bauschäden dagegen ist in der Tat eine Männerdomäne.
Welche Eigenschaften muss man für die Tätigkeit mitbringen? Und was raten Sie jüngeren Architekten auf dem Weg zur öffentlichen Bestellung?
Neugierde ist gefragt, und - das mag vielleicht banal klingen - persönliche Integrität und Unabhängigkeit. Bei der Begutachtung hat man immer wieder auch mit der Industrie zu tun und kann leicht in die Mühlen geraten. Hiervon darf man sich nicht beeindrucken lassen und muss seinen Weg gehen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Lena Pröhl.