Engere Wahl zum Architekturpreis Rheinland-Pfalz 2001

Umbau Zitadelle Bau E , Mainz

Bauherrin:
Gebäudewirtschaft Mainz

Architekten:
Mann + Schneberger Architekten, Mainz

Mitarbeiter:
Bernhard Palm
Achim Peters

Fertigstellung:
2000

Adresse:
Zitadelle
55131 Mainz

In dem kurz nach 1900 errichteten "Bau E" der Mainzer Zitadelle war nach dem Zweiten Weltkrieg durch massive An- und Umbauten eine Schule eingerichtet worden. Aus deren dunklen und seither nicht mehr renovierten Räumlichkeiten sollte nun eine transparente, helle und flexibel nutzbare Verwaltungszentrale der Mainzer Gebäudewirtschaft werden.

Durch eine weitgehende Beseitigung der Wände zwischen den ehemaligen Klassenzimmern entstanden im Erd- und ersten Obergeschoß zwischen Stützen freizügig aufteilbare Flächen von 12 x 68 Metern, auf denen die Architekten eine moderne Arbeitslandschaft im Sinne von Kombibüros entwickelten. Die beiden ehemaligen Turnhallen im Souterrain erhielten eine neue Bestimmung als ein Gymnastik- und ein Mehrzwecksaal. Letzterer lässt sich, je nach Blickrichtung, einmal als Auditorium und einmal als Darbietungsraum mit Bühne bespielen. Zusätzlich wurde er über eine Galerie zum dahinter bzw. darüber liegenden Erdgeschoss geöffnet, so dass die abgesenkte Veranstaltungsebene bei Bedarf in die übrigen Funktionsbereiche des Hauses voll integriert ist. Sie lässt sich aber auch komplett abtrennen und separat erschließen, ist also sogar für Fremdnutzungen tauglich. Durch die Schaffung dieser Raumverbindung, durch neue Treppen im zentralen Innenraum, durch die offen gruppierte Bürolandschaft wie auch die reichliche Verwendung von Glas (für Brüstungen und Trennwände) entstehen transparente Raumeindrücke, die zu der äußeren Erscheinung der alten Militäranlage - in die aus Denkmalschutzgründen kaum eingegriffen werden durfte - im denkbar deutlichsten Kontrast stehen.

Einziges Signal für den grundlegenden Umbau der alten Anlage nach außen hin ist ein schlicht geometrisches, skulptural wirkendes Portal aus Corten-Stahl, in dessen verlängerter Achse eine Stahlplastik "Tänzerinnen" von Karlheinz Oswald Aufstellung fand. Mit dieser künstlerischen Geste wird noch einmal die wichtige Beziehung zwischen Innen- und Außenraum unterstrichen, die thematisiert und konsequent hergestellt zu haben wohl zu den wichtigsten Vorzügen dieser Umbauplanung gehört.

59 Niedrigenergiehäuser "An der alten Reithalle", Mainz

Bauherrin:

Wohnbau Mainz GmbH

Architekt:
Tilman Weyel, Wohnbau Mainz GmbH

Mitarbeiter:
Volker Ihm
Karin Finke

Kollegen:
Landschaftsarchitekten Adler + Olesch
Nürnberg und Mainz GWS-Gesellschaft für Wärme- und Stromlieferung, Wendlingen

Fertigstellung:
2000

Adresse:
Kurt-Schumacher-Straße / An der alten Reithalle
55124 Mainz-Weisenau

Im Mainzer Stadtteil Gonsenheim ist auf dem Gelände einer ehemaligen Artilleriekaserne eine äußerst kompakte Siedlung mit 59 Reihenhäusern entstanden. Die unterschiedlich langen Hausreihen umstehen in strenger Rechtwinkligkeit einen kleinen Zentralplatz, der in ebenso strenger Rasterung mit Bäumen bepflanzt ist, insgesamt jedoch eine beinahe südländisch anmutende Qualität besitzt. Hauptmerkmal der Anlage ist die überall klar erkennbare Hierarchisierung, das vielfältig inszenierte Spiel zwischen privaten und (halb)öffentlichen Räumen. Das beginnt mit der strikten Trennung der Verkehrswege - Autos werden entweder im Erdgeschoss der nordöstlichen Außenreihe oder in der zur Sammelgarage umfunktionierten historischen Reithalle am Südrand geparkt - und reicht bis zu den Umfriedungen der kleinen Höfe und Gärtchen, die jeder Wohneinheit an den Vorder- und Rückseiten zugeordnet wurden: Die nach außen gerichteten Gartenmauern weisen gelegentlich schmale "Sehschlitze" auf, die Hofmauern lassen sich durch hölzerne Klappladen je nach Bedarf für Einblicke gänzlich öffnen. Insgesamt beeindruckt die Vielfalt der Möglichkeiten, angesichts solch hoher Verdichtung die nachbarliche Diskretion zu wahren und Eingangsbereiche, Gärten und Höfe gegen zudringliche Blicke abzuschirmen. Trotz der vielen Sichtblenden wird eine Atmosphäre von Gemeinschaftlichkeit spürbar, denn die engen Gassen sind ausschließlich für Fußgänger und spielende Kinder bestimmt, zwei historische Kasernenrelikte (neben der alten Reithalle) wurden als Kinderhaus und Gemeinschaftshaus hergerichtet.

Die einzelnen Zeilen fassen jeweils Häuser eines Typs zusammen, wobei es zwei dreigeschossige und zwei zweigeschossige Typen (darunter drei Doppelhäuser als Wohn- und Ateliereinheiten) sowie die aufgeständerte Garagenzeile entlang der Kurt-Schuhmacher-Straße gibt. Rein äußerlich herrscht typenübergreifend allerdings ein einheitliches Bild: Glatt weiß verputzte Erdgeschosse und mit Holzlatten verblendete Obergeschosse unter flachen, begrünten Pultdächern sorgen insgesamt für eine angenehm naturbetonte Materialfarbigkeit. Warmwasserkollektoren und ein umfassendes System der Mulden-Rigolen-Entwässeruing unterstreichen den ausgeprägt ökologischen Planungsansatz dieser Siedlung, die gerade durch ihre kompakte Geschlossenheit einen hohen Reiz gewinnt und somit ein attraktives Angebot für das innerstädtische Wohnen darstellt.

Umbau und Erweiterung der Industrie- u. Handelskammer Trier

Bauherrin:
Industrie- und Handelskammer Trier

Architekt:
Dieter G. Baumewerd, Münster

Mitarbeiter:
Peter Zipp
Sabine Gädicke
Bernd Bogenstahl
Markus Marzina

Fertigstellung:
2000

Adresse:
Herzogenbuscher Str. 12
54292 Trier

Die Industrie- und Handelskammer nutzt in Trier eine ehemalige Kaserne aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. In der alten Anlage war durch verschiedene An- und Umbauten ein umfangreiches funktionales Erweiterungsprogramm zu realisieren. Die Gesamtmaßnahme umfasste drei Einzelbauaufgaben - erstens die Modernisierung des alten Hauptgebäudes einschließlich der Errichtung eines Treppenfoyers zur Hofseite hin, zweitens zwei Anbauten für Klassenräume des IHK-Bildungszentrums sowie drittens ein Saalgebäude ("Tagungszentrum") als vollständig neu gebauter Solitär auf der weiten Hoffläche. Bei allen drei Bauaufgaben war jeweils unterschiedlich auf den formalen Kontext der vorhandenen Bausubstanz einzugehen. Die Architekten wählten eine sachlich-moderne Formensprache für alle neuzeitlichen Bauglieder, was sich bereits in der Wahl der Baustoffe Stahl und Glas im Kontrast zu Putz und Ziegel der Altbauten einleuchtend ausdrückt. Die von der klassischen Moderne inspirierte Formenstrenge der Neubauteile verleiht diesen überdies einen gewissen Ensemblecharakter, so dass sie bei aller Unterschiedlichkeit als zusammengehörige eigene "Zeitschicht" in Erscheinung treten.

Während der dezent modernisierte Haupteingang zur Straßenseite kaum als Umbaumaßnahme ins Auge fällt, markiert das dreigeschossige gläserne Foyer der Hofseite die harte Zäsur in der Baugeschichte der alten Anlage. Deren vormals kräftige Plastizität mit den zwei leicht vorspringenden Giebelrisaliten wird durch die glatte Glasfassade des hierin eingestellten Foyers leider nivelliert. Im Inneren des Foyers entstand eine imposante Treppenlandschaft, deren "harte" Materialität (Stahl, Glas, Sichtbeton) die neue Zeitschicht gegenüber den angrenzenden Altbauteilen unmissverständlich absetzt.

Die Klassentrakte schließen als zwei dreigeschossige, rundum verglaste "Türmchen" an die Hofseite eines unregulär gegliederten Altbaus an. Die unterschiedlichen Grundrisslösungen der Anbauten - einmal rechteckig, einmal rund - wirken auf den ersten Blick etwas willkürlich, nehmen aber auf Licht- und Blickbeziehungen in der Enge des entstehenden Hofsituation Rücksicht und bieten im Innern angenehm differenzierte Raumeindrücke. Der Saalbau gewinnt in seiner strengen Axialität ein gewisses monumentales Pathos, das allerdings durch die Platzierung auf der weiten Hoffläche erklärlich und hinnehmbar wird. Hinzu kommt die vollkommen dekorlose, allein die Funktionalität des Gehäuses betonende Gestaltung. Durch sie gewinnt das Tagungszentrum eine Anmutung, die zwischen technischer Installation und festlichem Ort seltsam schwankt.

Sporthalle Saarburg

Bauherrin:
Verbandsgemeinde Saarburg

Architekt:
Gerd Jäger, Schwerin

Mitarbeiter:
Stefan Indermühle

Tragwerksplanung:
Hans-Werner Jäger

Modulation der Streckmetallfassade:
Victoria Prischedko

Adresse:
Bergstraße 18
54309 Butzweiler

Fertigstellung:
1998

Adresse:
Heckingstraße
54439 Saarburg

Die neue Turnhalle für eine Grundschule in der Kleinstadt Saarburg fällt durch ihre geschickte Einordnung auf dem äußerst schmalen Grundstück vor einem steilen Abhang auf. Durch die vollflächige Öffnung eines ganzen Hallengiebels zum dicht gegenüberliegenden Schul-Altbau wird auf halber Hanghöhe eine Art Pausenplatz für die Schüler mit sehr angenehmer Aufenthaltsqualität geschaffen und zugleich die öffentliche Durchwegung des Grundstücks ermöglicht. Da sich der Hallenboden auf Straßenniveau befindet, erscheint er gegenüber der Eingangszone am Pausenplatz um ein halbes Geschoss versenkt. Die hinter der Halle befindlichen Funktionsräume (Umkleiden und Sanitärbereiche) wurden vollständig gegen den Hang eingegraben und somit stadträumlich zum Verschwinden gebracht. Durch seine etwas modisch schiefe Verdrehung streckt sich der ansonsten schlichte, sechs Meter hohe Hallenkörper mit einer interessanten Geste in den unmittelbar vorbeilaufenden Straßenraum und gibt so einen dezenten Hinweis auf den öffentlichen Platz vor der Schule. Oberhalb des schalungsrauh betonierten Straßengeschosses besteht die Tragkonstruktion der Halle aus wuchtigen, zu schiefen L-Formen verleimten Holzbindern, die sowohl an der Straßenfront wie auch in der Dachaufsicht mit dunkelblau lackierten Brettern verschalt und dann mit Streckmetallgittern überzogen wurden. Infolge dieser "metallischen Haut" variiert die Wahrnehmung der Fassadenwirkung optisch je nach Bewegungsrichtung, Tageszeit und Lichtverhältnissen auf überraschend vielfältige Weise. Zusätzlich belebt wird die metallische Außenhülle durch einige dekorativ aufmontierte Gitterflächen, deren rhythmische Gliederung von einer Künstlerin unter Bezug zur dynamischen Gesamtform der Halle grafisch frei komponiert ("moduliert") wurde.

Wie die massiven Leimbinder sowohl im Inneren der Halle als auch - ganz besonders - an dem zum Platz hin überstehenden Vordach in Szene gesetzt wurden, kann als Musterbeispiel einer leicht "lesbaren" Konstruktionserscheinung gelten. Überhaupt wurden alle Fügungs- und Konstruktionsdetails mit großer Sorgfalt behandelt; eine geradezu puristische Klarheit bestimmt hier das Bild. So wurde Glas durchweg rahmenlos in die Wandkonstruktionen eingesetzt bzw. die Scheiben untereinander in stumpfer Klebefuge gestoßen. Das Bestreben nach unbedingter Materialehrlichkeit prägt den Bau insgesamt. Auch die Lichtführung in den recht schmal wirkenden Treppen und Gängen oder die von den Architekten eigens entworfenen Sitzbänke in den Umkleiden zeugen von dem Ehrgeiz, eine ästhetisch geschlossene Gesamtgestalt zu erreichen - bis an die Grenzen des Risikos, dass gerade die unterirdisch gelegenen Funktionsräume mit ihren unbehandelten Sichtbetonwänden und Gussasphaltböden zwar deutlich strapazierfähig sind, aber nicht unbedingt eine einladende Atmosphäre ausstrahlen.