17. Februar 2025

Ist das noch ein Mittelstandsförderungsgesetz?

Edda Kurz
Edda Kurz
Foto: Kirsten Bucher, Frankfurt

Am 12. Dezember 2024 wurde der Gesetzesentwurf zur Änderung des Mittelstandsförderungsgesetzes in Rheinland-Pfalz veröffentlicht. Darin wird ein Paradigmenwechsel in der öffentlichen Auftragsvergabe vorgeschlagen.

Wird als Grundsatz der öffentlichen Auftragsvergabe in §7 Absatz 1 noch der hohe Anspruch formuliert „die öffentliche Auftragsvergabe in Rheinland-Pfalz ist so zu gestalten, dass strukturelle Wettbewerbsnachteile der mittelständischen Wirtschaft ausgeglichen werden“ und schließt sich daran folgerichtig die Bestimmung an, dass zu diesem Zweck Aufträge der öffentlichen Hand grundsätzlich nach Teil- und Fachlosen aufzuteilen sind – so wird dieser Grundsatz konterkariert, wenn es zukünftig im Weiteren ohne Einschränkung heißen soll: „auf eine Aufteilung kann bei Vorliegen sachlicher Gründe verzichtet werden“.

Die vorgesehene Änderung wird das Ausnahmeverfahren faktisch zum Regelverfahren machen, weil eine verantwortliche Prüfung der Vergabestelle künftig entfällt. Die rein deklaratorische Feststellung „sachlicher“ Gründe soll genügen. Die Vergabe an Generalunternehmer ist nach Auffassung der Gesetzgeber der Schlüssel zum Bürokratieabbau und zur Beschleunigung von Bauprojekten. Begründet wird diese Ignoranz gegenüber den Unternehmensstrukturen von ca. 90 Prozent aller Marktteilnehmer am Bau – in der Planung und im Handwerk – damit, dass die komplexen und langwierigen öffentlichen Vergabeprozesse reduziert werden sollen.

Anstatt Vergabeverfahren zu vereinfachen, wird eine Hintertür geschaffen, die das Problem umgeht, anstatt es zu lösen.

Dieser Vorstoß zur vermeintlichen Erleichterung der Vergabe verkennt, dass es sich hier nicht um Ursachenbekämpfung handelt, sondern um ein Kurieren an den Symptomen, das in die falsche Richtung geht. Fakt ist, dass das öffentliche Vergaberecht umfangreich ist und für beide Seiten, Auftraggeber und Auftragnehmer, mit erheblichem bürokratischem Aufwand verbunden ist. Anstelle jedoch die überbordenden Vorlageerfordernisse auf der einen Seite und die ebenso unmäßigen Prüf- und Dokumentationspflichten auf der anderen Seite zu reduzieren, Prozesse zu verschlanken und damit wahrhaft zu beschleunigen, wird mit der Zusammenfassung von mehreren Vergaben, also mehreren Losen zu einem Auftrag, stattdessen eine Hintertür geschaffen, die das Problem umgeht, anstatt es zu lösen.

Nicht ohne Grund haben wir das Gebot der losweisen Vergabe als hohes Gut, sowohl bislang im Mittelstandsförderungsgesetz wie auch im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung GWB, denn es ermöglicht jedem Wirtschaftsteilnehmer den selbstbestimmten Marktzugang zu öffentlichen Aufträgen, indem er sich unmittelbar beim Auftraggeber bewirbt. Dieser Marktzugang ist verschlossen, wenn einzelne Generalplaner oder Totalunternehmer entscheiden können, wen sie als Nachunternehmer ins Boot holen – alle anderen sind ausgebootet. Mittelstandsförderung geht anders.