Wasems Kloster Engelthal
Ingelheim (2012)
Edelgasse 15, 55218 Ingelheim
- Innenraum-, Material- und Farbkonzept: Willi Hubor Hubor & Hubor GmbH, Mettendorf. MEHR
- Architekten: Hille Architekten + Stadtplaner, Dipl.-Ing. Marcus Hille, Ingelheim. MEHR
- Innenarchitektin: Dipl.-Ing. (FH) Cornelia Schroff-Graf, Gottmadingen.
- Freianlagen: Dipl.-Ing. (FH) Andreas Jestaedt, Mainz
- Mitarbeiter: Architektin Dipl.-Ing. Anja Rüttgers, Architekt Marcus Monreal, Stadtplaner Dipl.-Ing. Sascha Müller, Astrid Kwiatkowski, Werner Tieltges, Bastian Bonnermann und Michael Schabo
- Bauherren: Karin und Holger Wasem, Wasems Kloster Engelthal, Ingelheim. MEHR
Die historischen Gebäude des Klosters Engelthal in Ingelheim und die zeitgenössische Ergänzung gehen eine harmonische Verbindung ein. Der sehr eigenständige neue Bauteil bekundet Selbständigkeit und Respekt vor der Tradition gleichermaßen.
Aus der Jurybewertung
Die Winzerfamilie Wasem erwarb 2009 das denkmalgeschützte Zisterzienserinnenkloster Engelthal, dessen Anfänge in das 13. Jahrhundert zurückreichen. Dann folgt eine wechselvolle Geschichte: 1573 wurde es aufgehoben und Kurfürst Friedrich III. übereignet. Vermutlich während des Dreißigjährigen Krieges wurde der Großteil des Anwesens zerstört. Die Wirtschaftsgebäude stammen allesamt aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie zeugen von einem landwirtschaftlichen Mischbetrieb mit Milchvieh, Obst- und Weinbau. Lediglich das Konventsgebäude war älter. 2009 erwarb die Familie Wasem den Gebäudekomplex. Zusammen mit der Denkmalpflege begann eine intensive Diskussions-, Planungs- und Umbauphase.
Auch nach dem Umbau blieb der typische, dreiseitig umbaute typische fränkische Innenhof in der ursprünglichen Form erhalten. Der Komplex aus Scheune, Wohn- und Wirtschaftsgebäuden ist durch ein großes Tor zur Straße hin abgeschlossen. Zwischen dem ehemaligen Klostertrakt und dem Wirtschaftsgebäude wurde als neues Gelenk ein Treppenhaus eingepasst. Nun sind allen Ebenen des Gebäudes barrierefrei erreichbar. In seiner Form setzt sich der Neubau betont vom Vorgefundenen ab: Hier dominiert Glas die Fassade, dort massive, weitgehend geschlossene Wänden.
Im Zuge der Sanierung wurde der linke Flügel des ehemaligen Klostertraktes im Inneren weitgehend zurück- und originalgetreu wieder aufgebaut. Die übrigen Gebäudeteile wurden in ihrer Substanz erhalten, das gesamte Bruchsteinmauerwerk saniert. Holzbalken in den unterschiedlichen Bereichen zum größten Teil nach Rückbau und Sanierung wieder eingebaut. Die Putzflächen im Kreuzgewölbe, Tonnengewölbe und Scheune erneuert. An das Wirtschaftsgebäude fügt sich im Osten ein moderner Küchentrakt mit Kühl-, Lager- und Vorratsräumen an, teils wurde er in das hängige Gelände eingegraben.
Bei den verwendeten Materialien standen die Nachhaltigkeit sowie der regionale Bezug im Fokus. Die farbliche Gestaltung mit ihren harmonischen Nuancen orientierte sich dabei eng an der vorhandenen Bausubstanz, um die unterschiedlichen Nutzungsformen in ihrer optischen Wahrnehmung zu verbinden, d.h. die vielfältige Struktur der Gebäude soll sich als eine Einheit darstellen. Die zeitgenössischen Ergänzungen zeigen sich in Beton, Stahl, Glas und schwarz eingefärbtem Estrich, während die Bestandsbauten mit freigelegtem Mauerwerk, geputzten Flächen und viel Holz Tradition atmen.
„Uns ging es bei der Sanierung des Klosters um eine Komplettierung des Gesamtkonzeptes Weingenuss. Die Architektur soll als Anreiz für Weinreisende dienen, den Wein und die Gastronomie in Ingelheim zu genießen. Integriert ist auch ein Weingarten für Radfahrer und Wanderer, die über Selztalradweg direkt zum Kloster kommen.“
Herzstück in Wasems Kloster Engelthal ist die Vinothek. Weinverkauf und stimmungsvolle Weinproben stehen hier im Mittelpunkt. Die Gastronomie deckt mit vier unterschiedlichen Segmenten die ganz Bandbreite des Weingenusses ab. Eine Weinscheune mit Selbstbedienung bewirtet Wanderer und Radler, die Veranstaltungsscheune bietet Platz für Familienfeiern und Gesellschaften, das Kreuzgewölbe - die ehemalige Kuhkapelle - steht für gehobene, traditionelle Landhausküche, während das Tonnengewölbe der gehobenen Gastronomie zur Verfügung steht.
Der 1726 gegründete Weinbaubetrieb bewirtschaftet 34 Hektar. Der Schwerpunkt liegt auf Rotwein und Burgunderrebsorten. Besondere Aufmerksamkeit richtet man auf den Frühburgunder, jedoch werden auch Spätburgunder, Cabernet Sauvignon und Merlot angebaut. Im Weißweinspektrum sind es die Rebsorten Riesling, Grauburgunder, Weißburgunder, Chardonnay und Silvaner. Das familiengeführte Unternehmen produziert rund 275.000 Flaschen pro Jahr, die direkt vermarktet werden.