Mauerwinzer, Berlin (2016)

Architekturpreis Wein 2022
Wolliner Straße 20, 10435 Berlin

  • Architekt: Roland Wolff, wolff:architekten gesellschaft von architekten mbH, Berlin. MEHR
  • Mitarbeit: Jana Prengel, Karen Händschke Adolf Bruns
  • Tragwerk: ikp-ingenieure, Berlin
  • Bauherrin: Mauerwinzer GbR, Berlin. MEHR
  • Fotos: Ivo Gretener, Berlin. MEHR

Es ist schon ein sehr besonderes Projekt, das von wolff:architekten 2016 in Berlin-Mitte durch aufwendige Renovierung wieder- und neubelebt wurde… Der Wiederaufbau und der Erhalt des Hauses, die Schaffung einer Weinbar in zeitgemäßem und gleichzeitig historischem Ambiente, kombiniert mit großer Funktionalität, sucht ihresgleichen in Deutschland.
Aus der Jurybewertung

 

Die „Mauerwinzer“ sind ein Ort deutsch-deutscher Weinkultur. In Berlin-Mitte liegen Weinladen und Weinbar unmittelbar am Mauerstreifen. Was willkürlich anmutet, hat Tradition: Einst wuchsen hier, am Weinberg Berlins, die Reben der Zisterziensermönche. Später dicht bebaut, lag dieser Ort an der Nahtstelle der Bezirke Mitte, Wedding und Prenzlauer-Berg im Zentrum der deutschen Hauptstadt.

Wichtig ist uns, dass wir eine Weinbar sind, die ohne Schwellenangst betreten werden kann, die den unkomplizierten Weingenuss in den Mittelpunkt stellt und den Kunden die Berührungsängste mit Wein nimmt, nebenbei gleichzeitig Aufklärungs- und Fortbildungsarbeit leistet, allerdings auf genussvolle und unterhaltsame Art und Weise.
Peter Brock, Mauerwinzer

Diese innerstädtische Lage zerschnitt 1961 jäh der Mauerbau. Das Haus befand sich seitdem innerhalb der Grenzanlagen. Die damalige Hinterlandmauer schloss unmittelbar an das Gebäude an. Der Zugang wurde vermauert, ein Teil des Hauses abgerissen, und die ehemaligen Ladenflächen durch die Grenztruppen genutzt – unter anderem, fensterlos und vermauert wie sie waren, als Verhörraum. Dem Mauerfall folgte ein jahrelanger Leerstand. Erst im Zuge der Gesamtsanierung des Hauses wurden diese Einbauten entfernt. Zum Vorschein kamen historische Wandmalereien in drei Zeitschichten, die heute über der Sitzbank der Bar sichtbar sind, sowie die Schablonenmalerei eines Tabakladens aus den 10er Jahren des 20. Jahrhunderts. Über dem Rücktresen sind sie wieder zu sehen.

Die Innenausstattung wurde von einer örtlichen Tischlerei nach Entwürfen der Architekten aus heimischen, gebürsteten Hölzern hergestellt. Sie werden durch die Sichtbetonflächen des Tresens und der Sitzbank kontrastreich akzentuiert.

Direkt am alten Postenweg gelegen, ist das Haus heute Teil der „Gedenkstätte Berliner Mauer“.

Nach der Sanierung wurden wieder Weinreben angepflanzt – als Zeichen des Zusammenwachsens und der Überwindung der Teilung. Diese Muskateller-Reben aus Maikammer in der Pfalz haben eine eigene Geschichte: Sie sind groß geworden unterhalb des Hambacher Schlosses, der Wiege der deutschen Demokratie. Als Pendant hängt innen ein über 100 Jahre alter Weinstock vom Hang des Meißener Burgberges.