28. Juni 2024

So war der Auftakt zur "woche der Baukultur" 2024

Blick aus dem Turm auf den Speyrer Dom
Blick auf den Speyrer Dom
Foto: Joachim Becker, Neustadt

Der traditionelle Auftakt zur Woche der baukultur der Pfalz fand diesmal im Kaisersaal des Dom zu Speyer statt.

"Einfach umbauen" lautete das diesjährige Motto des Tag der Architektur. Passend dazu hielt Architekt Stefan Schlicht beim traditionellen Pfälzer Sommerauftakt am 27. Juni 2024 im Kaisersaal des Speyerer Doms einen leidenschaftlichen Vortrag für den sorgsamen Umgang mit Bestandsbauten und die Stärkung regionaler Baukultur.

Schlicht, der mit seinem Büro vor allem im ländlichen Raum tätig ist, stellte mehrere Projekte vor, die beispielhaft für einen sensiblen und ressourcenschonenden Umgang mit alter Bausubstanz stehen. So berichtete er von der Sanierung einer historischen Mühle, die zu einer beliebten Gaststätte umgebaut wurde. Statt eines Abrisses entschied man sich für den Erhalt der Bausubstanz und eine behutsame Ergänzung. "Wir müssen nicht über den Ozean fahren, sondern an unsere eigene Nase greifen, was wir tun können", appellierte Schlicht an die anwesenden Architekten.

Als Vorzeigeprojekt präsentierte er den Neubau eines Bürgerzentrums in Niederwerrn, dass kurz vor der Eröffnung steht. Bemerkenswert ist hier der Einsatz von Recycling-Beton aus einer abgerissenen Autobahnbrücke. "Wir müssen mehr Verantwortung übernehmen und anders vorangehen", betonte Schlicht. Das Projekt zeige, wie Kreislaufwirtschaft im Bauwesen funktionieren kann.

Ein weiteres Beispiel für gelungenen Umgang mit dem Bestand ist die Umnutzung einer alten Scheune zu einer Bücherei im fränkischen Pommersfelden. Hier wurde die vorhandene Struktur erhalten und durch einen modernen Holzbau ergänzt. Das Gebäude fungiert nun als multifunktionaler Treffpunkt für die Dorfgemeinschaft.

Schlicht unterstrich die Bedeutung engagierter Bürgermeister für die Ortsentwicklung. Am Beispiel von Pommersfelden zeigte er, wie durch kontinuierliche Investitionen in den Ortskern über viele Jahre eine lebendige Mitte entstehen kann. "Eine Maßnahme verändert keinen Ort", so Schlicht. Es brauche einen langen Atem und viele aufeinander abgestimmte Projekte.

Der Architekt kritisierte den oft sorglosen Umgang mit historischer Bausubstanz. Viele identitätsstiftende Gebäude würden leichtfertig abgerissen, statt sie zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dabei gehe nicht nur graue Energie verloren, sondern auch das, was Schlicht als "goldene Energie" bezeichnet - die in den Gebäuden gespeicherten Erinnerungen und Geschichten.

In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Architekten, die sich auf Umbau und Sanierung spezialisieren, oft schwierig sind. Schlicht appellierte an seine Kollegen, nicht durch Dumpingpreise zu konkurrieren, sondern fair zu kalkulieren. Nur so könnten qualitativ hochwertige Projekte realisiert werden.

Der Vortrag stieß auf großes Interesse beim Publikum. Joachim Becker, Vize-Präsident der Architektenkammer Rheinland-Pfalz lobte in seinem Schlusswort Schlichts Engagement für eine lebendige Baukultur im ländlichen Raum. Die Woche der Baukultur biete nun die Gelegenheit, viele herausragende Beispiele für Um- und Weiterbauten zu besichtigen. Allein in der Pfalz öffneten am letzten Juni Wochenende 26 der insgesamt 69 Projekte ihre Türen für interessierte Besucher.

Mit einem Appell an die anwesenden Architekten, mehr Verantwortung zu übernehmen und den Bestand wertzuschätzen, endete der offizielle Teil des Abends. Bei Wein und Musik klang die Veranstaltung im historischen Ambiente des Kaisersaals aus.