Viele Besucher nutzten die Gelegenheit, sich vor Ort von den Planern persönlich durch die Objekte führen zu lassen. In Mainz und Umgebung konnten Interessierte an beiden Tagen per Bus ausgewählte Projekte besichtigen. Die Tour führte unter anderem zu einer neuen Schulsporthalle, Deutschlands erstem Kammermusiksaal in Holzbauweise, dem Kalkhof-Rose-Saal und dem Leibniz-Zentrum für Archäologie. "Die Teilnehmer waren begeistert von der Vielfalt der Lösungen", berichtet Ina Seddig, Sprecherin der Kammergruppe Mainz/Bingen. "Viele haben Inspirationen für eigene Bauvorhaben mitgenommen."
Auch in Koblenz und Umgebung gab es am Sonntag eine Bustour. "Wir wollten zeigen, wie kreativ mit Bestand umgegangen werden kann", erläutert die Kammergruppensprecherin der Region, Annette Moitz. Die Route führte von einem Ärztehaus mit Wohnungen in Lahnstein über ein altes Schieferhaus und das sogenannte Moselhaus in Trittenheim bis zum Dorf- und Kulturzentrum in Riol. Den Abschluss bildete das "Esslokal Schlicht" in Koblenz, dass von einem ehemaligen Schnell-Imbiss in ein Feinkost-Restaurant verwandelt worden ist. "Die Teilnehmer waren erstaunt, wie viel Potential in alten Gebäuden steckt", berichtete Moitz. "Besonders das Schieferhaus hat gezeigt, wie man historische Substanz mit modernem Wohnkomfort verbinden kann."
Der Tag der Architektur feierte in diesem Jahr sein 30-jähriges Jubiläum in Rheinland-Pfalz. Was 1995 gemeinsam mit Hessen, Thüringen und dem Saarland begann, hat sich zum größten bundesweiten Baukulturevent entwickelt.
"Die Resonanz zeigt, dass das Thema Bauen die Menschen bewegt", resümiert Kammerpräsident Rind. "Gerade in Zeiten von Wohnungsmangel und Klimawandel ist es wichtiger denn je, kreative Lösungen im Bestand zu finden." Die präsentierten Projekte machten deutlich: Umbau ist mehr als Sanierung. Es geht um eine neue Sichtweise auf das Vorhandene, um intelligente Nutzungskonzepte und ressourcenschonendes Bauen. Die Architektenkammer sieht den Tag der Architektur als wichtigen Beitrag zur Bewusstseinsbildung. "Wir wollen zeigen, was möglich ist", so Rind. "Und wir wollen die Menschen ermutigen, bei eigenen Bauvorhaben frühzeitig Architekten einzubinden."
Die beste Bestätigung ist der Erfolg. Auch nach 30 Jahren zieht der Tag der Architektur weiterhin Tausende Menschen an. Er macht Baukultur erlebbar und zeigt: Gute Architektur ist mehr als Fassade. Sie schafft Lebensräume, die Menschen inspirieren und Ressourcen schonen. "Einfach umbauen" – das Motto könnte auch als Auftrag verstanden werden: Die Zukunft des Bauens liegt im klugen Umgang mit dem Bestehenden. Die Woche der Baukultur und der Tag der Architektur haben auch 2024 vorgeführt, wie das gelingen kann.