Das Ambiente war wunderschön: Unter der Brücke vor dem Zentrum Baukultur wurde an einem warmen Aprilabend der fünfte Architekturpreis Wein verliehen. Der Sektempfang vorab bot eine gute Gelegenheit für ein entspanntes Wiedersehen und Kennenlernen. Auch konnten sich die Besucher einen ersten Eindruck von den nominierten Projekten in der begleitenden Ausstellung in der Galerie des Zentrums Baukultur verschaffen.
Unterhaltsam, interessiert, mitunter auch nachdenklich, führte schließlich ZDF-Moderator Marcus Niehaves durch den Abend. Über den Preis, Wein und Architektur plauderte er mit dem Präsidenten der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, Joachim Rind, dem Vizepräsidenten des Deutschen Weinbauverbandes, Heinz-Uwe Fetz, mit Walter Reineck, Abteilungsleiter Weinbau im Wirtschaftsministerium, sowie mit der Deutschen Weinkönigin Sina Erdrich aus der Ortenau.
Wer an Rheinland-Pfalz denkt, denkt sofort an den Wein, vielleicht weniger an Architektur… Dabei, so Rind, ist die Architektur in den rheinland-pfälzischen Weinbaugebieten stark mit dem Wein verwoben und die Architektur in Rheinland-Pfalz werde immer besser. Hierzu habe auch der Architekturpreis Wein beigetragen, den es seit dem Jahr 2007 gibt, warf Reineck aus dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau ein. Während zunächst neben der immer besseren Weinqualität das peppig-moderne CI als Vermarktungsstrategie zum Erfolg der jungen Betriebe beigetragen hat, sind es nun die Architektur und das schöne Ambiente, in dem der Wein genossen werden kann. Rind: „Es ist wichtig, Werbung zu betreiben, die Dinge richtig darzubieten. Dabei müssen sich die Architektinnen und Architekten im Übrigen genauso viel Mühe geben, wie die Winzerinnen und Winzer.“ Und: im Weinbau der letzten Jahre habe sich viel getan. „So profitieren heute alle nicht nur von der fantastischen Landschaft, die die Winzerinnen und Winzer kultivieren, sondern auch von den beeindruckenden Bauwerken“, sagte Sina Erdrich. Und weiter: „Die Leute kommen in unsere Anbaugebiete, weil es dort einfach wunderschön aussieht, und dann sind sie fasziniert davon, sich in einer solchen Weinbaulandschaft in einer Vinothek vom Wein bezaubern zu lassen.“
Neben den gestalterischen Konzepten fokussierte der fünfte Architekturpreis Wein auf das Thema Nachhaltigkeit. Damit soll dem behutsamen Bauen und der Suffizienz mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, aber auch dem Umgang mit Energie, für den es kluge und einfache Konzepte braucht. Der schonende Einsatz von Baustoffen und das Bauen im Bestand sind weitere wesentliche Aspekte des Themas. Rind: „Es ist kein Zufall, dass der Holzbau mehr und mehr um sich greift. Wenn wir den Beton trotz seines enormen CO2-Fußabdrucks nachlässig einsetzen, sodass er nach zwanzig Jahren abgerissen und durch neuen Beton ersetzt werden muss, dann trägt das sicherlich nicht zur Nachhaltigkeit bei. Wir haben hier einige Beispiele, die tatsächlich mit sehr viel Holz, aber auch mit anderen Materialien umgesetzt worden sind. Wenn wir obendrein energiesparende Technologien bewusst so einsetzen, dass wir keine Hightech-Maschinen bauen, dann ist das der richtige Ansatz.“
Und wie steht es um die Nachhaltigkeit im Weinbau? Fetz betonte, dass es wichtig sei, alle drei Säulen der Nachhaltigkeit, das Soziale, die Ökonomie und die Ökologie, im Gleichklang voranzubringen, während die Weinkönigin voll des Lobes war: „Die Winzerinnen und Winzer machen schon sehr lange richtig gute Dinge im Weinberg. Und die tuen auch der Natur sehr gut.“ Dennoch sah auch sie Potenzial für noch mehr Nachhaltigkeit. Eine Möglichkeit sei etwa die Abfüllung des Weins in Leichtglasflaschen, da die herkömmliche Weinflasche einen sehr hohen CO2-Abdruck habe. Hierzu müsse allerdings die Branche gemeinsam agieren, damit niemandem ein Nachteil entstünde. Reineke bestätigte: „47 Prozent der CO2-Belastungen in der Weinproduktion stammen aus der Flasche. Alternativ zur Leichtglasflasche könnte auch die Mehrwegflasche wieder stärker zum Einsatz kommen. Hierzu brauchen wir allerdings einen Wandel im Bewusstsein der Erzeugerinnen und Erzeuger, aber auch bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern.“
Bevor die Juryvorsitzende Prof. Andrea Wandel und Innenarchitekt René Pier, ebenfalls Jurymitglied, die Nominierungen einzeln vorstellten, betonte Joachim Rind noch einmal, dass die Arbeiten des Architekturpreises Wein allesamt Leuchtturmprojekte sind: „Wir sind hier an der Spitze angekommen und ich wünsche mir sehr, dass diese Qualität auch in die Breite getragen wird. Hierfür ist der heutige Abend da, der das Ganze prominent begleitet und dazu dienen soll, die Architektur auf ein neues Level zu heben.“
Wie aus 48 eingereichten Bewerbungen die besten Arbeiten gefunden werden können, beantwortete Pier: „Am Anfang einer Jurysitzung werden die Kriterien festgelegt. Dann nähert man sich den Arbeiten und es wird immer feiner und feiner und dann kommt irgendwann der magische Moment, in dem man von einer Arbeit nicht mehr loskommt. Und neben dieses Gefühl gesellt sich dann der Kopf, der das Gefühl bestätigt und letztendlich die richtigen Argumente für die richtige Arbeit findet.“ Insgesamt sei bei der Durchsicht der Bewerbungen aufgefallen, dass die Ansprüche der Kolleginnen und Kollegen an ihr Werk noch einmal sukzessive gestiegen sind, freute sich Prof. Wandel. Was für eine außergewöhnlich schöne Aufgabe die Weinarchitektur ist, fasste Pier folgendermaßen zusammen: „Wir haben es hier mit einer Bauaufgabe zu tun, die eine unglaubliche Hingabe ermöglicht. Es gibt viele Bauaufgaben, die sehr festgefügt sind. Beim Weinbau hingegen verbinden sich Natur und Kultur mit allen Fachdisziplinen. Wir haben es mit der schönsten Bauaufgabe zu tun, die wir uns nur vorstellen können.“