Herr Derichsweiler, der Bauantrag per Mausklick soll noch in diesem Jahr in Rheinland-Pfalz kommen. Wie ist der aktuelle Stand?
Ende April erfolgte in Trier, einer unserer beiden Pilotbehörden, der Startschuss. Im Silent-Go-Live wird hier jetzt das Antragsverfahren unter Realbedingungen mit einzelnen Bauherrinnen und Bauherren und deren Bauvorlageberechtigten getestet.
Wie funktioniert das „Virtuelle Bauamt“?
Es handelt sich um eine End-to-End-Lösung: von der Antragsstellung, über die Beteiligung von Behörden, die Bearbeitung des Vorgangs bis zur Erteilung der Baugenehmigung erfolgen alle Verfahrensschitte digital. Herzstück ist der kollaborative Vorgangsraum, in dem die Bauherrinnen und Bauherren, Architektinnen und Architekten sowie alle weiteren Beteiligten zeitgleich am Bauantrag arbeiten können. Nach der Authentifizierung über die Bund ID oder Mein Unternehmenskonto werden die Unterlagen gemeinsam freigezeichnet und eingereicht. Der Antrag geht dann digital an die zuständige Behörde. Die Fachstellenbeteiligung, der gesamte Schriftwechsel während des Genehmigungsverfahrens, die Zustellung der Baugenehmigung, Mitteilungen der Bauaufsicht – alles läuft digital.
Welche Vorteile bringt das digitale Baugenehmigungsverfahren mit sich?
Vor allem Papier- und Zeitersparnis, denn Postlaufzeiten fallen weg und Fachstellen können gleichzeitig beteiligt werden. Dass Architektinnen und Architekten die Bauunterlagen digital erstellen, mehrfach ausdrucken, einreichen und die Bauaufsicht diese wieder für ihren Workflow einscannen, hat dann ein Ende. Schnelle, einfache Genehmigungsverfahren steigern die Attraktivität von Rheinland-Pfalz für private Bauherren, Firmen und Investoren und sind somit ein wichtiger Standortfaktor.
Kann die Digitalisierung Baubehörden entlasten?
Entlastung im Sinne von Beschleunigung durch schnellere Abstimmungs- und Beteiligungsprozesse in jedem Fall. Wie viel schneller die Verfahren künftig werden, bleibt abzuwarten. Denn am Prüfverfahren selbst ändert sich nichts.
Hand aufs Herz: Wie herausfordernd ist die Umstellung?
Sehr. Wir haben uns vor vier Jahren auf den Weg gemacht und frühzeitig von einer eigenen Entwicklung abgesehen. Im Sinne des „Einer-für-Alle-Prinzipis (EfA)“ nutzen wir den „Digitalen Bauantrag“ aus Mecklenburg-Vorpommern nach; die Länderanpassung war unproblematisch. Bereits 2021 haben wir die Bauordnung und die Bauunterlagenprüfverordnung so geändert, dass der digitale Antrag der Normalfall ist. Womit wir jedoch nicht gerechnet hatten, war, wie lange es dauert, bis die technischen Rahmenbedingungen geschaffen sind, damit der Transport der Antrgasdaten aus dem Vorgangsraum vom Server in Mecklenburg-Vorpommern bei der unteren Bauaufsicht in ihrem Fachverfahren ankommt. Dies ist nach wie vor die größte Herausforderung!
Welche weiteren Schritte sind geplant?
Parallel zum Silent-Go-Live der Pilotbhörden wird der Roll-out in die Fläche vorbereitet. In einer zweiten Welle sollen 22 untere Bauaufsichtsbehörden in die Anwendung kommen. Weitere 22 Bauaufsichtsbehörden haben ihr Interesse bekundet. Ziel ist es, den digitalen Bauantrag möglichst bald in der Fläche anbieten zu können. Gestartet wird mit dem vereinfachten Genehmigungsverfahren und dem Freistellungsverfahren. Noch in diesem Jahr sollen alle bauaufsichtlichen Leistungen wie Bauzustandsmitteilungen, und auf Dauer auch die Baustatistik miteingebunden werden. Mittel- bis langfristig wird es Weiterentwicklungen geben – etwa eine Anbindung an die digitale bundesweite Auskunftstelle der Architekten- und Ingenieurkammern (di.BASTAi), mit der die unteren Bauaufsichtsbehörden schnell und kostenfrei die Bauvorlageberechtigungen überprüfen können.
Kürzlich wurde ein Meilenstein erzielt ...
Ja, bundesweit wurde gerade die Marke von 1.000 digitalen Bauanträgen geknackt. Mecklenburg-Vorpommern hat beim digitalen Bauantrag den Hut auf und steht in engem Austausch mit den zehn nachnutzenden Bundesländern. Gemeinsam soll das System weiterentwickelt und zukünftige Schwerpunkte identifiziert werden. Rheinland-Pfalz ist vorne mit dabei, das Interesse groß, wie die tolle Resonanz auf die beiden Webinare zum digitalen Bauantrag im April mit jeweils weit über 100 Teilnehmenden zeigte. Es herrscht eine gespannte Grundhaltung. Jeder freut sich auf den digitalen Bauantrag, der einen durchgehenden digitalen Workflow ermöglicht.
Das Interview führte Lena Pröhl.