In Rahmen der Ausstellung „Kirche Raum Gegenwart“ von Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst e.V. (DG) und Verein Ausstellungshaus für christliche Kunst e.V. (VAH) war die Fachveranstaltung ein Kooperationsprojekt von dem Ministerium der Finanzen und der Architektenkammer Rheinland-Pfalz.
19. Juli 2024
"Kirchen weiterbauen" Fachveranstaltung
Edda Kurz, Vizepräsidentin der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, wies im Begrüßungstalk auf die für den Berufsstand verantwortungsvolle Aufgabe hin. Es gebe nur wenige Räume mit der Atmosphäre von Kirchenräumen. „Es ist der Raum, der zu gestalten ist, nicht nur das Funktionale muss gelöst werden.“
Kunsthistorikerin Prof. Dr. Welzel, Mitunterzeichnerin des „Kirchenmanifestes“, vertrat das Statement „Kirchen sind Gemeingüter“. Kirchen seien Common Spaces, „radikal öffentliche Orte“, gemeinsames kulturelles Erbe. In ihrem Vortrag appellierte sie für neue Modelle der Trägerschaft mit vielen Akteuren und unter Nutzung der deutschen Stiftungslandschaft. Kirchenräume sieht die Dozentin der TU Dortmund als Ressource für ein demokratisches und friedliches Zusammenleben.
Kirchen sind Gemeingüter
Praxisbeispiele aus Rheinland-Pfalz folgten. Ansker Mogulkoc von MPLUS Architekten Koblenz stellte die Transformation des Pfarrzentrums St. Antonius in das Bürgerzentrum Lützel vor. Die Originalaufnahmen des Kirchenbaus von 1969 (Architekt Hans Schönecker) beindruckten nicht nur die Architekten zu Planungsbeginn. Die hohe Qualität der Nachkriegsarchitektur war am vorgefundenen Bestand leider kaum noch ablesbar. Ein großer Ansporn sei es gewesen, im Zuge der „Konversion“ wieder besser zu bauen. Mit dem Förderprogramm Soziale Stadt ist ein Treffpunkt für alle im Stadtteil Lützel entstanden.
Wenn wir den Strukturwandel nicht aufhalten können, sollten wir ihn wenigstens gestalten.
Eine am Gemeinwohl orientierte Transformation ist auch die Umnutzung zu bezahlbarem Wohnraum. Projektentwickler Jan Eitel hatte gleich zwei Projekte aus Trier mitgebracht. Auch wenn dabei der Kirchenraum als solcher verloren geht, bliebe das Monument für die Stadtgesellschaft erhalten. Für Eitel steht eine nichtöffentliche Nutzung wie für Wohnen oder Gewerbe immer als letzte Möglichkeit, wenn alles andere an der Machbarkeit gescheitert sei. Zuvor ist für die Akzeptanz in der Öffentlichkeit der Dialog mit allen Betroffenen unverzichtbar, wird deutlich. „Wenn wir den Strukturwandel nicht aufhalten können, dann sollten wir ihn wenigstens gestalten.“
Die katholische und evangelische Kirche verfügten 2017 über rund 45.000 Gebäude mit sakraler Nutzung, mehr als 80 Prozent standen unter Denkmalschutz. Von 2000 bis 2018 wurden 538 Sakralgebäude in Deutschland aufgegeben, von denen 160 Kirchen abgebrochen und 142 veräußert wurden. Gesellschaftliche Veränderungen und notwendige Klimaziele zwingen Kommunen und Gemeinden die Zukunft ihrer Kirchen und ihres Gebäudebestands insgesamt neu zu denken. Die Umwandlung und Profanierung zu alternativen Nutzungen ist emotional schwierig wie baurechtlich anspruchsvoll. Ein Abriss sollte nicht nur aus baukultureller und städtebaulicher Sicht die letzte aller Möglichkeiten sein. Beim interdisziplinären Dialog brachte sich die Kammer mit der Veranstaltung „Kirchen weiterbauen“ mit ein.