2018 konnten Sie sich im nichtoffenen Realisierungswettbewerb mit Ideenteil „Neubau eines Dienstgebäudes für die Verbandsgemeindeverwaltung“ als Sieger durchsetzen. Wodurch zeichnet sich Ihr Entwurf aus?
Sartori: Der Neubau fügt sich durch die Gliederung in zwei, fast parallel zueinanderstehende Baukörper harmonisch in den historischen, kleinteiligen Altstadtbereich ein. Der vordere liegt traufständig zur Hauptstraße, der hintere zur Mosel. Über einen Querriegel werden die beiden Baukörper miteinander verbunden.
2023 wurde das Rathaus fertiggestellt und bezogen. Was waren die besonderen Herausforderungen bei der Planung?
Wittfoht: Die Verbandsgemeinde hat sich, aus unserer Sicht zurecht, dazu entschieden, direkt im historischen Kern von Zell zu bauen, nicht irgendwo auf der grünen Wiese. Wir haben uns daher sehr intensiv mit der Struktur des
historischen Stadtkerns auseinandergesetzt. Schließlich soll das Rathaus als Teil der Stadt wahrgenommen werden, nicht als Fremdkörper. Ein weiterer wichtiger Aspekt war die räumliche Beziehung zu dem neu geschaffenen Otto-Finé-Platz. Darüber hinaus galt es, die funktionalen Abläufe im Haus zu gewährleisten, optimale Arbeitsplätze für die Mitarbeitenden der Verbandsgemeindeverwaltung zu schaffen und das Rathaus als Schnittstelle zwischen Amt und Bürgerinnen und Bürgern offen und einladend zu gestalten.
Beim hochwasserangepassten Bauen gibt es die Strategien Ausweichen, Abschotten und Zulassen. Welche kam hier zum Tragen?
Wittfoht: Eine Kombination aus Abschotten und Zulassen. Zum einen wurde der neue Platz leicht erhöht und interimsmäßig kann ein Wall aufgebaut werden. Zum anderen kann das Erdgeschoss, in dem das Parkhaus untergebracht ist, geflutet werden.
Was kann hochwasserangepasstes Bauen bewirken?
Wittfoht: Kritische Funktionen können geschützt werden, indem sie außerhalb des Hochwasserbereichs realisiert werden. Die Erdgeschossebene mit der Verwaltung liegt daher drei Meter über dem Straßenniveau. So kann der Neubau auch ein Jahrhunderthochwasser (HQ100) ohne große Schäden überstehen.
Besonderes Augenmerk haben Sie auch auf Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Barrierefreiheit gelegt ...
Wittfoht: Ja, wir haben ein integriertes Photovoltaik-Dach, das den regionaltypischen schindelgedeckten Dächern optisch sehr nahekommt und eine Geothermie. Mit beiden Systemen erreicht das Gebäude eine 70-prozentige energetische Autarkie. Diese ermöglicht passives Kühlen im Sommer und Heizen im Winter über Fußbodenheizung und Betonkernaktivierung. Eine barrierefreie Erschließung erfolgt über den Zugang an der Schlossstraße (Aufzug) und vom Platz aus über den zentralen Verbindungsbau.
Sartori: Nachhaltigkeit war uns besonders wichtig. Daher haben wir die Putzfassade direkt auf das Ziegelmauerwerk aufgetragen, sodass kein Sondermüll wie bei klassischen Wärmedämmverbundsystemen entsteht und die Baustoffe wieder dem Stoffkreislauf zugeführt werden können.
Das Rathaus öffnet beim Tag der Architektur seine Türen. Warum nehmen Sie teil?
Sartori: Damit sich die Bürgerinnen und Bürger einen Eindruck verschaffen und über den Neubau informieren können und somit eventuelle Zugangsschwellen abgebaut werden. Wir wollen Transparenz, keine Abschottung. Mit dem neuen Rathaus leistet die Verbandsgemeinde Zell, gefördert vom Land Reinland-Pfalz, einen wichtigen baukulturellen Beitrag! Der vorausgegangene Realisierungswettbewerb steht dabei als Qualitätsgarant. Denn Planungskultur ist
Baukultur!
Das Interview führte Lena Pröhl.