14. Februar 2022

Block-Denken

Logo für die siebte Podcastfolge "Block-Denken"
Foto: Kristina Schäfer, Mainz

Die siebte Folge der Podcastreihe Kreislaufwirtschaft widmete sich der zirkulären und damit ressourcenschonenden Quartiersentwicklung

  

Drei Gäste, drei spannende Projekte: Dr. Verena Brehm ist Architektin und Gründungspartnerin im Büro cityförster, mit dem sie das Suffizienzquartier Ecovillage in Hannover entworfen hat. Aufbauen konnte sie dabei auf dem vielfach prämierten Prototypen eines Recycling Hauses, welches sie ebenfalls mit cityförster im Jahr 2015 entwickelt hatte. Prof. Dr. Antje Bruns leitet als Geografin das Fach Nachhaltige räumliche Entwicklung und Governance an der Universität Trier. Außerdem ist sie Projektleiterin von MoselAdapTiV, einem Projekt zur Anpassungsfähigkeit von Flusslandschaften an den Klimawandel. Und last but not least: Architekt und Stadtplaner Jürgen Häpp aus Frankfurt, der als assoziierter Partner von AS + P das nachhaltige Quartier Ludwigshöhe in Darmstadt entworfen hat. Am Moderatorenmikrofon wie gewohnt: Annette Müller, Pressesprecherin der Kammer.

„Wir müssen auf Quartiersebene denken!“ ‑ ein Satz, der in den vorangehenden Folgen dieser Podcastreihe mehr als nur einmal gefallen ist. Doch welche zyklischen Lösungen bietet das Quartier tatsächlich? 

Nachhaltige Bauweisen in größere Dimensionen zu skalieren, ist das Anliegen Verena Brehms: „So favorisieren wir für das Ecovillage Holzbauweisen, das Thema Graue Energie spielt eine große Rolle und es wird versucht, Recycling-Baustoffe einzusetzen – im Gebäude wie im Freiraum.“ 

Über eine großflächige Entsiegelung und die Identifikation von Frischluftkorridoren kann hingegen eine neue Kühleinsel in der Stadt geschaffen werden, erläuterte Planer Jürgen Häpp. Noch vor der Klimaadaption sei die Klimawandelvermeidung der erste Punkt. Entsprechend könne man auf Quartiersebene nachhaltige Energiezentralen bauen, anstatt fossile Brennstoffe zu nutzen. Mobilitätskonzepte, die den ÖPNV favorisieren, seien ein weiterer Ansatz. Parkplätze könnten dann als rückbaubare Quartiersgaragen entwickelt werden. Aber auch die soziale Durchmischung oder die Schaffung von ausreichend großem Wohnraum für Familien sowie der multicodierte Raum gehörten zum nachhaltigen Bauen im Quartier. ‚Multicodierung‘ wurde zum Leitmotiv des Gesprächs: städtischer Freiraum als Aufenthaltsraum, Ort der Biodiversität, für Energieversorgung und Regenwasserversickerung. Aber auch Prozesse der Bürgerbeteiligung spielten bei der Multicodierung eine Rolle.

Dabei habe die öffentliche Hand viel mehr Gestaltungsmöglichkeiten als ihr gemeinhin bewusst sei, sagt Antje Bruns. Zwar habe sie nur begrenzten Zugriff auf Privateigentum, aber allein durch eine Umordnung des öffentlichen Raumes könne die Stadt wichtige Weichen für eine nachhaltige Zukunft stellen. So verbrauche etwa der ruhende Verkehr enorm viel Platz, den man viel besser anderweitig nutzen könne, beispielsweise als Begegnungsraum, für Urban Gardening oder für Sharing-Projekte. Bruns: „Ich glaube, dass man auch Verfechter des Individualverkehrs mitnehmen kann, indem man Alternativen aufzeigt, die sehr lebenswert und sehr schön sind.“

Verena Brehm will für eine solch lebenswerte Stadt auch bislang ungenutzte große Dachflächen begrünen und zugänglich machen. Schließlich spiele der Freiraum eine Schlüsselrolle dabei, den Verzicht auf Wohnraum auszugleichen. So kämen die Bewohner der Eco Village mit 28 anstatt der durchschnittlichen 47 Quadratmeter aus. Gemeinschaftliche Räume sind in dieser Zahl bereits inbegriffen. Dies gelänge vor allem durch partizipative Prozesse, in denen die Menschen für sich selbst planen. Um in der Belegung flexibel zu bleiben, seien teilbare Wohnungstypen oder zuschaltbare Räume für Gäste oder Homeoffice vorstellbar. 

Foto: C. Voy

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

     

Cityförster haben sich 2005 als internationales Büro mit Standorten in Hannover, Rotterdam und Tirana gegründet.

Dr. Verena Brehm studierte Architektur und Städtebau an der Leibniz Universität Hannover, an der TU Berlin und an der Königlichen Kunstakademie Kopenhagen.

Danach arbeitete Dr. Verena Brehm u.a. für David Chipperfield Architects, Berlin, Henning Larsen Architects, Kopenhagen, und Beyond Green Design, London.

Seit dem Jahr 2007 ist sie zudem in Forschung und Lehre tätig.

Sie arbeitet an der Schnittstelle von Architektur und Städteplanung mit dem Schwerpunkt städtische Transformationsprozesse.

Sie engagiert sich bundesweit für Baukultur und zukunftsweisendes Bauen u.a. als Gutachterin, Preisrichterin und Mitglied des Baukollegiums Berlin.

 

Professsorin Dr. Antje Bruns, Universität Trier     

Sie forscht und lehrt zu Mensch-Umwelt-Dynamiken und deren Gestaltung durch Governance-Regime in Städten und Regionen.

Prof. Dr. Antje Bruns ist Mitglied der Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL) und in zahlreichen nationalen und internationalen Wissenschaftsnetzwerken aktiv.

Nach Trier kam sie über die Humboldt-Universität zu Berlin, die Universität Flensburg und das Helmholtz-Zentrum Geesthacht.

Ihr Schwerpunkt ist die nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung.

Und sie ist Projektleiterin von Mosel-AdapTiV.

 

Architekt / Stadtplaner Jürgen Häpp, Albert Speer + Partner GmbH, Frankfurt     

Studien in Würzburg und London sind berufliche Stationen in Peking, München, London und Abu Dhabi und nun Frankfurt gefolgt.

Jürgen Häpp war unter anderem bei Forster + Partners und Arup tätig.

Einige seiner Projekte finden sich in Kairo, Darmstadt, Riad und Frankfurt.

Von den Kollegen und Kolleginnen der hessischen Kammer wurde vor Kurzem das Quartier Ludwigshöhe in Darmstadt als vorbildlich ausgezeichnet.