Mehrfach in jüngster Zeit quittierten Professoren Info-Veranstaltungen der Architektenkammer in Hochschulen mit der an die Studenten gerichteten, sinngemäß zitierten Auffassung, für gute Architektur brauche es keine Kammer.
Könnte stimmen, denn gute Architektur entsteht in einem geistig-kreativen Prozess auf dem Fundament einer gründlichen Ausbildung von Architekten, die durch eine geschützte Berufsbezeichnung vor Konkurrenz der Herren Hinz und Kunz bewahrt sind, gefördert durch ein finanziell abgesichertes Arbeitsumfeld, für Bauherren, die gute Planung zu schätzen wissen, in einer Gesellschaft, der die baukulturelle Entwicklung ihres Landes ein Anliegen ist.
Stimmt aber nicht, weil es ohne Kammer keine anhaltende öffentliche und politische Diskussion von Baukultur gäbe, weil niemand durch Tage der Architektur dem „Normalo“ Lust auf qualitätvolles Bauen machen würde, weil keine Berufsvertretung sich für auskömmliche Honorare stark machte und das freie Planen dem Preiswettbewerb zum Opfer fiele, weil ohne den Schutz der Berufsbezeichnung durch Kammermitgliedschaft jeder Scharlatan „Plänchen malen“ dürfte, weil niemand mit Marktnähe den Hochschulen berichtete, wo es Ausbildungsdefizite gibt, und weil all diese Hemmnisse dem kreativen Geist einigermaßen enge Grenzen setzen würden. Vieles mehr könnte man erwähnen; gut, dass es die Kammer gibt, für Studenten, Professoren und für die Architektur.
Studenten besuchen Hochschulen im Vertrauen auf professionelle Ausbildung und Vorbereitung aufs Berufsleben. Sie erwarten Förderung ihrer gestalterischen, konstruktiven und planerischen Fähigkeiten, ebenso wie des Verständnisses für Berufsrecht und -ordnung.
Wer diesen Inhalt in der Lehre nicht „auf dem Schirm hat“, handelt verantwortungslos und frönt nur der … Freiheit der Leere.
Vizepräsident Ernst Wolfgang Eichler, Alzey
Archivbeitrag vom 23. Mai 2011