Wir Architekten sind Planende und stehen damit immer mit einem Bein in der Zukunft oder besser: wir schauen mit gezieltem Blick in die Zukunft. Wir entwickeln Antworten und Zukunftsbilder mit zeichnerischen Visionen auf die Fragen, die sich uns stellen und die sich aus dem Jetzt und Hier ergeben.
11. Januar 2023
gestern - heute - morgen
Wenn es uns gelingt, eine Prozesskultur zu entwickeln, in der wir die Menschen einbinden und dabei das Gleichgewicht unseres Planeten ebenso im Blick haben, bin ich sicher, dass uns vor dem Blick ins Jahr nicht bange sein muss.
Das können wir nur aus der Erkenntnis der Vergangenheit, aber reicht diese schon aus, um aus Krisen tatsächlich neue Chancen zu entwickeln?
Wir befinden uns im Jahr 3 im Umgang mit dem Corona-Virus, dessen Schrecken sich nun langsam verliert und wir lernen mit dem Virus und nicht gegen das Virus zu leben. Die Verunsicherung im alltäglichen Umgang hat uns jedoch im Handumdrehen Videokonferenzen beschert. Trotz unseres bisweilen etwas verklemmten Umgangs mit IT-Systemen und unseren hohen Ansprüchen an den Datenschutz gehören Homeoffice und Homeschooling mittlerweile zur Alltagskultur.
Wir befinden uns im Jahr 2 der Ahrtal-Flutkatastrophe, die uns bei allem Leid zeigte, zu welchen unglaublichen solidarischen Hilfeleistungen wir fähig sind und welchen Einsatz Menschen zu leisten im Stande sind. Darüber hinaus zeigt die Katastrophe aber auch, dass unsere behördlichen Strukturen weniger auf Katastrophen, sondern auf bürokratische Verwaltung eingestellt sind. Die eigentliche Erkenntnis aber ist der sichtbare Klimawandel vor unserer eigenen Haustür. Und hieraus ergeben sich Handlungsfelder, die es zu beschleunigen gilt.
Wir befinden uns im Jahr 1 des verbrecherischen Angriffskriegs Russlands in der Ukraine. Auch hier zeigt sich eine Hilfsbereitschaft in der Aufnahme von Kriegsflüchtenden, die vorbildlich ist. Und nebenbei wird deutlich, dass allein Wandel durch Handel doch nicht funktioniert ohne eigene wirtschaftliche und militärische Stärke als Faustpfand. Erkenntnis für die Zukunft ist die beschleunigte Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Energien.
Erkenntnisse sind die Voraussetzung für neue Handlungsgrundsätze im Großen wie im Kleinen. Wir haben einen enorm großen Umbau unserer Energiesysteme, unserer Mobilität und unserer Baukultur vor der Brust. Bei allen neuen Zielvereinbarungen dürfen wir das wie nicht aus dem Blick verlieren, denn wir müssen die Menschen bei dem Prozess mitnehmen.
Beim Bauen – vor allem beim Schaffen neuen Wohnraums – ist die klare Maxime, dass der Umbau und die Sanierung des Bestands ein wesentlicher Schlüssel zum erfolgreichen Wandel ist und der darüber hinaus ein mindestens ebenso anspruchsvoller schöpferischer Prozess wie das Projektieren neuer Häuser und ganzer Quartiere ist.
Wenn es uns gelingt, eine Prozesskultur zu entwickeln, in der wir die Menschen mit ihren Bedürfnissen einbinden und dabei das Gleichgewicht unseres Planeten ebenso im Blick haben, bin ich sicher, dass uns vor dem Blick ins Jahr nicht bange sein muss.