07. Juni 2018

Nicht unter Wert verkaufen

Porträt Frank Böhme
Foto: Heike Rost, Mainz

Vizepräsident Frank Böhme setzt sich in der Juli-Ausgabe des Deutschen Architektenblattes mit Preisdumping im Berufsstand auseinander.  

 

"Es gibt kaum etwas auf dieser Welt, daß nicht irgend jemand ein wenig schlechter machen und dadurch ein wenig billiger verkaufen könnte. 
Es ist unklug, zu viel zu bezahlen, aber es ist noch schlechter, zu wenig zu bezahlen. Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten.
Nehmen Sie das niedrigste Angebot an, müssen Sie für das Risiko, das Sie eingehen, etwas Geld hinzurechnen und auch bereitstellen. 
Und wenn Sie das Tun, dann haben Sie auch genug Geld um gleich für etwas Besserers zu bezahlen."
(John Ruskin, 1819 - 1900)

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem liebe Freischaffende, ich sehe mich herausgefordert, das heikle Thema „Planungsleistungen weit unter Wert anzubieten“, also Preis-Dumping einmal anzusprechen. Als Berater einer Mittelstadt im Rheinland habe ich mit der Verwaltung ein umfangreiches, differenziertes Leistungspaket zur Erstellung eines ISEK – Integrierten-Stadt- Entwicklungs-Konzeptes erarbeitet, dass die Verwaltung an fünf Fachbüros zur Angebotsabgabe versandt hat. Inhalt war auch eine intensive Bürgerbeteiligung, die parallele Durchführung von vorbereitenden Untersuchungen nach BauGB mit dem Ziel zur Festlegung eines Stadtumbaugebietes und eines förmlichen Sanierungsgebietes.

Die Honorarofferten haben nicht nur die Verwaltung ins Staunen versetzt. Zwischen den billigsten drei und dem teuersten Anbieter liegen 100 Prozent! Der Zweitteuerste liegt bei 70 Prozent.

Die Leistungen nur für den stadtplanerischen Teil – ohne Bürgerbeteiligung – haben die drei Billigsten zu einem Hektarsatz von 890 bis 930 Euro angeboten! Schaut man sich die Honorierung vergleichbarer Leistungen vor 25 Jahren an, so wurden seinerzeit rund 3.000 DM pro Hektar gezahlt. Das entspricht inkl. zwei Prozent Inflation pro Jahr heute rund 2.300 Euro pro Hektar. An diesen Wert reichen in etwa die Angebote der beiden höchsten Gebote.

Zieht man vergleichend das BW-Merkblatt 51 zur Honorierung von „Städtebaulichen Entwürfen“ heran, so werden als leistungsgerechte Honorierung Hektar-Sätze (je nach Schwierigkeitszone und Gebietsgröße) von 2.850 bis 25.720 Euro angesetzt.

Auch wenn man die Aufwandsreduzierung in der Projektbearbeitung durch die Digitalisierung der letzten 25 Jahre berücksichtigt sind 900 Euro pro Hektar für ein ISEK mit VU nach BauGB – liebe Kollegen und Kolleginnen, ich erlaube mir das hier eindeutig auszudrücken – ein absolutes NO GO!

Mit solchen Angeboten diskreditieren wir uns selbst. Machen uns gegenüber den Auftraggebern unglaubwürdig, anspruchsvolle Planungsarbeiten mit Fachpersonal erbringen zu können!

Eine Verantwortung bei der Vergabe liegt aber auch beim Auftraggeber, im Sinne meines Einführungszitates für qualitätsvolle Arbeit ein angemessenes Honorar zu zahlen.

 

Archivbeitrag vom 07. Juni 2018