Vor fünfundzwanzig Jahren war ein Festsaal gewünscht, heute benötigt man einen multimedial nutzbaren Funktionsraum, der auch mal Festsaal sein kann. Es ist folgerichtig, dies mit einer einfachen Technikdecke zu lösen. Die Decke lässt sich vielen zukünftigen Wünschen anpassen.
Dass dieser Saal eine andere Wirkung hat als der vorhergehende ist logisch. Auf den noch ausstehenden Rest des Projektes ist man nun nicht mehr so gespannt, weil der genauso puristisch und klar gelöst werden wird, wie man es vom Büro Dudler kennt. Auch das ist schon ein Gestern. Es bleibt dem Hambacher Schloss zu wünschen, dass es von der neuen Lösung getragen weiter so in die Welt ruft wie es die vor fünfundzwanzig Jahren sanierte "Maxburg“ tat. Nur Nachdenkliche fragen, ob man einem national so wichtigen Denkmal alle fünfundzwanzig Jahre eine solch radikale Runderneuerung antun darf.
Nun könnte man zur Tagesordnung übergehen, ja, wenn ... - ... wenn nicht dieser doch massive "Weiterbau“ des Hambacher Schlosses, wie Max Dudler es nennt, einen Paradigmenwechsel eingeläutet hätte. Max Dudler merkte anlässlich der Einweihung am 15. November an, dass man doch 1975 schon die Lösungen in Bellinzona und anderen Orten im Tessin gekannt habe, wobei er wohl das Castello Montebello in Bellinzona der Architekten Campi, Pessina und Piazzoli meinte, und deshalb anders (sprich: moderner) hätte reagieren können. Ihm blieb zu antworten: Die Lösungen kannte man sehr wohl; allein, sie waren damals in Rheinland-Pfalz nicht umsetzbar - jedenfalls nicht am Hambacher Schloss. So wie auch heute manches noch nicht umsetzbar ist.
Viele Kommunen, Gewerbetreibende und private Bauherren können noch immer von ihren Auseinandersetzungen (manche sagen Kampf) mit einer "bewahrenden“ denkmalpflegerischen Auffassung berichten, die 1975 in guter Absicht mit einem Denkmalschutzjahr begann und danach den Biberschwanz, das Fachwerk, den Walm und die Gaube oft eher zu einem Glaubensbekenntnis machte als zu einer begründbaren Haltung im Sinne des nun so geachteten Dudler’schen "Weiterbauens“.
Insofern erwartet die Fachwelt nach dieser Einweihung natürlich eine Reaktion. Das Land geht mit einem Verfahren, das einmal über einen kleinen Wettbewerb für Barrierefreiheit und Außenerschließung begann (ca. 3,5 Mio. Euro) in einer mutigen Haltung voran und investiert runde 20 Mio. Euro (oder mehr), um das Begonnene schlüssig zu Ende zu bringen.
Wenn der lateinische Satz: "Quod licet Iovi, non licet bovi (was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt)“, so nicht gelten soll, muss man sich etwas einfallen lassen. Manche "Einzelfallentscheidung“ eines Gebietsreferenten und einer örtlichen Denkmalpflege wird sich schon an der mutigen Entscheidung für das moderne "Weiterbauen“ am Hambacher Schloss messen lassen müssen. Insofern ist Professor Dudler für seine standfeste, freundliche Zähigkeit zu danken, mit der er einigen Beteiligten die Augen öffnete.
Die deutschen Architektenkammern (BAK) werden im kommenden Jahr auf Einladung der rheinland-pfälzischen Architektenkammer die bundesweit veranstalteten architektouren 2009 auf dem Hambacher Schloss eröffnen. Das wird die von Ministerpräsident Kurt Beck in seiner Eröffnungsansprache zur Einweihung des Festsaales gewünschte neue Breitenwirkung für die "Wiege der deutschen Demokratie“ unterstützen. In Folge dieser Veranstaltung plant die Architektenkammer Rheinland Pfalz einen jährlich stattfindenden "Hambacher Architekturtag“, der sich unter Hinzuziehung hervorragender Fachleute mit den Fragen "alt“ und "neu“ auseinandersetzen wird.
Bewahren um des Bewahrens willen oder die Verknüpfung wirtschaftlicher Interessen des Eigentümers und die Erhaltung des Denkmals werden gleichberechtigt im Fokus der Betrachtung stehen. Man darf also gespannt sein.
Gerold Reker, Kaiserslautern
Gerold Reker war zusammen mit Horst Römer an der Entstehung des Sanierungskonzeptes der 70/80er Jahre beteiligt. Heute ist er freier Architekt in Kaiserslautern und Vizepräsident der Architektenkammer Rheinland-Pfalz.
Archivbeitrag vom 15. Dezember 2008