Als der Kämmerer des sächsischen Bergamtes, Hans Carl von Carlowitz, zu Beginn des 18. Jahrhunderts den Begriff der Nachhaltigkeit erfand, meinte er damit eine Generationenaufgabe von zutiefst ökonomischer Dauerhaftigkeit, oder: "daß es eine continuirliche beständige und nachhaltende Nutzung gäbe". Im modernen Sprachgebrauch hat der Nachhaltigkeitsbegriff leider eine inflationäre Verwendung gefunden. Er dient oftmals der parteipolitischen Farbgebung, der Produktwerbung oder als Verkaufsargument. Es gibt aber auch einen Deutschen Nachhaltigkeitspreis, der seit Jahren Wirtschaftsunternehmen, Kommunen, Initiativen und Einzelpersonen dafür auszeichnet, dass ihr verantwortliches Handeln nicht nur dazu beiträgt, soziale und ökologische Probleme zu lösen, sondern auch Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.
Für herausragende und beispielhafte Architekturleistungen gibt es den Nachhaltigkeitspreis des DGNB; Vergleichbares gibt es übrigens auch für Freianlagen.
Nun hat sich die Architektenkammer Rheinland-Pfalz neu und gezielt dieser Thematik angenommen. Im Rahmen einer Podcastreihe werden die verschiedensten Aspekte und Facetten der Kreislaufwirtschaft beim Planen und Bauen beleuchtet. Ob das immer im Geiste der eigentlichen Nachhaltigkeit diskutiert wird, müsste noch einmal geprüft werden. „Das Geld steckt im Boden“ ist so eine verführerische Produktwerbung gewesen. Die avisierte Frage, ob und wie weniger Flächenverbrauch, mäandriert zwischen Kosten und Verfügbarkeit, ohne tatsächlich nach den ökologischen Flächenfunktionen zu fragen und ihre vielbeschworene Resilienz in Frage zu stellen. Es geht eben nicht nur um Artenschutz, sondern die tatsächliche volkswirtschaftliche Bedeutung umfasst die katastrophalen Folgen des Missbrauchs von Boden, Wasser, Klima und Luft. Da ist echte Nachhaltigkeit im Sinne ökologischer und sozialpolitischer Wohlfahrtsfunktionen ignoriert worden, was sich immer öfter auch in einer erheblichen ökonomischen, volkswirtschaftlichen Bedeutung widerspiegelt.
Freiraumangebote in der Stadt, ob grün, ob blau, manchmal sogar grau, sind von nachhaltiger sozialer und gesundheitlicher Bedeutung. Nicht irgendwo am Stadtrand, nicht im Wald oder Feld. In Zeiten Pandemie-bedingter Ausgehbeschränkungen ist der wohnungsnahe Freiraumbedarf zur existentiellen Lebensqualität geworden. Hier, inmitten der Gesellschaft und der Stadt, brauchen wir den Platz. Das ist allemal nachhaltiger, als die gesundheitspolitischen Maßnahmen und Bedarfe nachzusteuern.
Für solch einen Rück- und Umbau von Haus und Stadt ist ein riesiges Materialvorkommen aus Bauschutt und gemischten Bauabfällen zu bewältigen, ganz so, wie es über Jahrzehnte hinweg eingesetzt worden ist. Kreislaufwirtschaftsgesetz und Länderverordnungen zwingen zur Separierung, sorgfältiges Trennen spart Geld. Das gezielte Herauspicken von Bauteilen oder sortenreinen Baustoffen liest sich kreisrund, hinterlässt aber Reststoffe, die nicht mal mehr die stofflichen Qualitätsanforderungen für den Einbau im Straßen und Tiefbau erfüllen. Seit Sommer 2021 ist die sogenannte Mantelverordnung veröffentlicht (gültig ab 2023), die bundesweit die Herstellung und den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe regelt. Die Ersatzbaustoffverordnung (als Teil der MantelVO) befasst sich mit der Herstellung hochwertiger Ersatzprodukte und deren Einbau in technische Bauwerke. Entscheidend werden die strengen Anforderungen an Lagerung, Güteüberwachung und Dokumentation vor Einbau der mineralischen Ersatzbaustoffe sein. An diesem Baustein nachhaltiger Kreislaufwirtschaft müssen wir primär und aktiv mitwirken. Wenn man ein sortenreines Urban Mining will, müssen Abbruch und Anlieferung einem qualifizierten Entsorgungsplan folgen – diese Verantwortung trifft übrigens auch die Landschaftsarchitekten.