Die Koblenzer Seilbahn, die seit der Bundesgartenschau 2011 das Konrad-Adenauer-Ufer mit der Festung Ehrenbreitstein verbindet, ist längst eins der bekanntesten Wahrzeichen der Stadt und nicht mehr wegzudenken. Nun soll sie aus einem temporären in einen dauerhaften Betrieb überführt werden. Vorschläge für eine denkmal- und welterbeverträgliche Umgestaltung der Tal- und Bergstation lieferte ein nichtoffener Realisierungswettbewerb mit nachgeschalteter Qualifizierungsphase.
23. Oktober 2024
Seilbahn Koblenz
2. Preis
Der Arbeit von Snøhetta Studio Innsbruck gelinge es, die Leichtigkeit der ursprünglichen Gesamtkonzeption beizubehalten. Die Seilbahnstation sei offen und einladend gestaltet. Auf Ebene der Fußgänger werden schöne Wege- und Sichtbeziehungen geboten. Für die Talstation werden markante V-Stützen aus Beton vorgeschlagen, welche die frei geformte Dachhülle tragen. Diese füge sich gut in die Umgebung ein und trete nicht in Konkurrenz mit den Türmen von St. Kastor. Die pointierte Gestaltung der Dachkonstruktion wurde begrüßt. Ausladung und Höhenentwicklung konnten nicht überzeugen; vor allem im Ausgangsbereich solle sich die Hülle stärker zurücknehmen. Das Fassadenmaterial, eine blaugrüne Metallverkleidung, greife gekonnt Farbnuancen des Rheins auf. Die Bergstation nehme das Thema der schwebenden Dachhülle auf und interpretiere es neu. Nutzräume verschwinden in einer aufgeschütteten Topografie, was als Eingriff in die Denkmalzone abgelehnt wurde. Insgesamt besteche der Entwurf durch seine eigenständige, frische Sprache, die der Aufgabe, ein Haus für die Seilbahn zu werden, mehr als gerecht werde, so das Juryurteil.
2. Preis
Ein weiterer zweiter Preis ging an Böll Architekten (Essen). Im Bereich der Talstation wird die vorgegebene diagonale Struktur der Seilbahn durch eine orthogonale Struktur ergänzt, die sich an die historische Stadtmauer anlehnt. Das Gebäude wird als flexible Struktur interpretiert, die die Einhausung der Seilbahn, den Kassenbereich und die Zuwegung umschließt. Besonders angetan war die Jury von dem minimalistischen Gestaltungsansatz mit zarter Stahlkonstruktion in hellem Farbton. Die strenge, rechtwinklige Anlage der Zuwegung dürfe aufgelockert, die gesamte Grünzone freier
gestaltet werden. Die Bewegungsräume der Besucherströme in den Ein- und Ausgangsbereichen seien gut gelöst. Das ausladende Dach des Zugangs der Bergstation wurde als wettergeschützter Verweilbereich begrüßt, erscheine jedoch etwas zu groß. Die Arbeit stelle einen wertvollen Beitrag dar, der nicht gänzlich zu überzeugen vermag und an entscheidenden Stellen zu schematisch verbleibe.
3. Preis
Mit dem dritten Preis wurde kadawittfeldarchitektur (Aachen) prämiert. Leitbild des Entwurfs ist ein „Arkadenhaus“: Durch serielle Reihung von bodengestützten Betonfertigteilrahmen entstehe eine eher durchlässige Struktur, die ein interessantes Spiel aus Licht und Schatten sowie Ein- und Ausblicken biete. Das jeweilige Bauvolumen werde dabei auf das erforderliche Minimum beschränkt. Die so entstandene gestaffelte Anordnung der Talstation wurde in ihrer Maßstäblichkeit und stadträumlichen Wirkung kontrovers bewertet. Im größten der drei Körper bilden Betonrahmen eine rund 12 Meter hohe Halle mit zwei Ebenen: Im Erdgeschoss befinden sich großzügige Bewegungsbereiche, im Obergeschoss ist die Technik untergebracht. Die Arbeit stelle einen sympathisch einfachen und auf das Wesentliche reduzierten Ansatz dar, der für die Berg- wie Talstation angemessen erscheine, allerdings strukturelle Unklarheiten berge.
Qualifizierungsphase
In der anschließenden Qualifizierungsphase waren die beiden Zweitplatzierten aufgefordert worden, ihre Entwürfe nach den Empfehlungen des Preisgerichtes zu überarbeiten. Dabei konnte sich das international renommierte Büro Snøhetta Studio Innsbruck klar gegen Böll Architekten (Essen) durchsetzen. Die Arbeit, so die Jury, habe in der Überarbeitung an Qualität gewonnen. Der Entwurf übe Zurückhaltung innerhalb der Welterbestätte, ohne an architektonischer Signifikanz zu verlieren. Die Talstation sei durch Herabsenken des Hochpunktes positiv weiterentwickelt worden und nehme gleichermaßen Bezug zu St. Kastor und der Promenade. Material und Farbe der Hülle wie auch die V-Stützen treten in Dialog mit dem Baumbestand. Dank einer bewegteren Dachform stelle die Bergstation nun einen engeren Bezug zur Talstation her, ja bilde mit ihr eine „Dachfamilie“. Auch der Wegfall der Geländemodellierung und die Anhebung der Einhausung wurden gelobt. Insgesamt sei der Entwurf durch die Überarbeitung zurückhaltender geworden ohne an Prägnanz zu verlieren. Beeinträchtigungen des Denkmals St. Kastor und damit negative Auswirkungen auf das Welterbe konnten abgeschwächt werden. Durch die elegante Dachform sei gestalterisch Bezug zu St. Kastor geschaffen worden.
Die Überarbeitung von Böll Architekten (Essen) könne das Versprechen nach Leichtigkeit und einer unaufdringlichen Einordnung in den Kontext nicht einlösen, so das Preisgericht. Die vorgeschlagene Pergola erscheine, nicht zuletzt aufgrund ihrer Höhenentwicklung und weißen Farbgebung, zu prominent im Stadtraum. Die visuelle Beeinträchtigung zu St. Kastor sei nicht verbessert worden. Lobend erwähnte die Jury die geschwungene Wegeführung von der Promenade zum Kassenhaus und weiter zum Eingang sowie den Versuch, Tal- und Bergstation als eine Gestaltfamilie zu
inszenieren.
Die Jury empfahl einstimmig die Arbeit von Snøhetta Studio Innsbruck für die kommenden Planungs- und Realisierungsschritte weiterzuverfolgen.