14. November 2008

Tatort Altbau

Im Spannungsfeld von Denkmalschutz und energetischer Optimierung zu sinnvollen und dauerhaft schadensfreien Lösungen für die historische Bausubstanz zu kommen, die auch noch baukulturellen Gestaltungsansprüchen genügen, ist ein für Architekten, Denkmalpfleger und Handwerker ein immer drängenderes Problem. Die erste gemeinsame Fachveranstaltung "Tatort Altbau" am 23. und 24. Oktober 2008 in Koblenz hat hier Wege gesucht und die Diskussion eröffnet.

Denkmalschutz ist wichtig, Klimaschutz auch, beide Ziele zu verfolgen - und das gegebenenfalls gleichzeitig -, aber alles andere als einfach. Zuweilen scheint diese Aufgabe zur unlösbaren Zwickmühle zu avancieren.

Hier praktikable, auf Dauer denkmalverträgliche und bezahlbare Lösungen zu finden, das haben sich die Generaldirektion Kulturelles Erbe, der die Landesdenkmalpflege angehört, die Handwerkskammer Koblenz mit dem Zentrum für Restaurierung und Denkmalpflege und die Architektenkammer Rheinland-Pfalz zum Ziel gesetzt. Die neu aufgelegte Reihe „Tatort Altbau“ steht unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten. Der zweitägigen Auftaktveranstaltung, die auf der Festung Ehrenbreitstein in Koblenz stattfand, sollen weitere folgen. Am 23. und 24. Oktober sollten theoretisch und anhand von best-practice Beispielen gemeinsame Grundlagen für einen Substanz schonenden, energetisch vorbildlichen und baukulturell anspruchsvollen Umgang mit historischen Gebäuden entwickelt werden.

Wie drängend die Frage ist, zeigte das enorme Interesse an der Fachveranstaltung: Obwohl bis auf den letzten Stehplatz gefüllt, konnten längst nicht alle Anmeldungen berücksichtigt werden. Eine ganze Reihe von Architekten, Handwerkern und Denkmalexperten mussten auf das bereits jetzt geplante Seminar am 26. März 2009 - wiederum in Koblenz - vertröstet werden.

Generaldirektor Thomas Metz und Kammerpräsident Stefan Musil am Tatort Altbau
Generaldirektor Thomas Metz und Kammerpräsident Stefan Musil am Tatort Altbau
Foto: Annette Müller, Mainz
Die gut besuchte Tagung fand inmitten eines bereits teilweise sanierten Baudenkmals statt
Die gut besuchte Tagung fand inmitten eines bereits teilweise sanierten Baudenkmals statt
Foto: Annette Müller, Mainz

Zum Auftakt standen einerseits die Regelungen der EnEV 2007, und der geplante Verschärfung 2009 mit ihren teilweise für den nicht denkmalgeschützten Gebäudebestand schwerwiegenden Konsequenzen im Zentrum des Interesses, andererseits minimalinvasive baupraktische Lösungen zur energetischen Verbesserung von Altbauten.

Klar wurde, dass Immobilienbesitzern, deren unterstützenswertes Anliegen es ist, ihr Gebäude energetisch aufzurüsten, fachlich fundierte und bautechnisch einwandfreie Alternativen zum flächendeckenden Einsatz von Wärmedämmverbundsystemen gemacht werden müssen. Im Spannungsfeld von Energieeinsparverordnung, Bauphysik, Rentabilität und Gestaltungsanspruch problematisch sind insbesondere die Gebäude, die zwar nicht denkmalgeschützt sind, aber dennoch Orts- und Stadtbild prägend wirken. Themenfelder wie Innendämmung, Temperiersysteme für Wände sowie Fensterlösungen und die intelligente Führung von Leitungen wurden in Koblenz teilweise kontrovers diskutiert und beurteilt. Architekten, Denkmalpfleger und Handwerker hier mit ihren unterschiedlichen Bewertungsschwerpunkten ins Gespräch zu bringen, war dabei beinahe das wichtigste Ergebnis des ersten „Tatorts Altbau“.

Foto: Staatssekretär Hofmann-Göttig am Rednerpult
Staatssekretär Hofmann-Göttig am Rednerpult
Foto: HWK
Wandaufbau eines sanierten Fachwerkhauses
Wandaufbau eines sanierten Fachwerkhauses
Foto: HWK

Die einfache Lösung, soviel wurde schnell klar, kann es in so unterschiedlichen und im Einzelfall komplexen Systemen wie historischen Gebäuden nicht geben. Umso wichtiger ist es, das die beteiligten Akteure auf der Basis einer detaillierten Bestandsanalyse vorurteilsfrei und gemeinsam einen maßgeschneiderten Vorschlag entwickeln. Einer der Referenten brachte im Hinblick auf das Raumklima die Grundfrage auf den Punkt: „Wenn Sie Bauschäden finden, ist es einfach, dann müssen Sie fragen, wo die herkommen. Wenn Sie aber keine Bauschäden finden, dann ist damit nicht Schluss, sondern Sie müssen unbedingt fragen, warum nicht.“ Erst wenn man das vorgefundene bauklimatische System verstanden habe, so sein Credo, dürfe man eingreifen, alles andere berge unkalkulierbare Risiken für Folgeschäden.

Rekonstruktion des Tatorts

Die beiden Symposiumstage wurden in Tonmitschnitten dokumentiert, nachstehend finden Sie jeweils die Links zu den einzelnen mp3-Daeien, soweit vorhanden auch pdf-Versionen der Vortragskurzfassungen und der Präsentationen. Bitte beachten Sie, dass alle Rechte bei den Autoren verbleiben.

Begrüßung

Thomas Metz
Generaldirektor der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz.

Grußwort

Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig
Staatsekretär im Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur 

Einführungsvortrag

Professor HG Merz, Architekt & Museumsgestalter, Stuttgart & Berlin

Grundlagen

Dipl.-Ing. Horst P. Schettler-Köhler
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Berlin

EnEV 2007

Dipl.-Ing. Frank Eßmann
tha - Ingenieurbüro für Bauphysik, Mölln

Problemstellungen und Schadensbilder


Dipl.-Ing. Jürgen Gänßmantel
Ingenieurbüro für Bauwerksanierung, Schömberg

Mehr Nachhaltigkeit!

Dipl.-Ing. Stefan Musil
Präsident der Architektenkammer Rheinland-Pfalz

Innovative Haustechnik

Dipl.-Ing. Wilhelmina Katzschmann
Ingenieurbüro für Gebäudetechnik, Mannheim

Bauklimatik im Bestand

Dr.-Ing. Klaus Graupner
Institut für Bauklimatik, Technische Universität Dresden

Begrüßung zum zweiten Tag

Ulrich Brink, Architekt Dipl.-Ing. (FH) und Maurermeister, Leiter Berufsbildungszentren der Handwerkskammer Koblenz

Energieeinsparung im Kulturdenkmal

Dr.-Ing. Roswitha Kaiser, Landschaftsverband Westfalen Lippe, Amt für Denkmalpflege in Westfalen

Dipl.-Ing. (FH) Darius Nurischad
nwe Ingenieursgesellschaft mbh & Co KG Rennerod

Modellhafte Projekte zur Energieeinsparung im Gebäudebestand
Barbarahof Simmern: Energetisches Gesamtkonzept

Alexander Fenzke
Restaurator im Maurerhandwerk, Bad Marienberg

Modellhafte Projekte zur Energieeinsparung im Gebäudebestand
Energetische Optimierung historischer Fenster

Andreas Piotrowicz
Techniker für Baudenkmalpflege und Altbausanierung

Weiternutzen!

Professor Carlo Weber
Architekt, Auer + Weber + Assoziierte, Stuttgart und München

Abschlussdiskussion

Prof. Carlo Weber, Architekt, Auer + Weber + Assoziierte, Stuttgart und München
Prof. Dr. Karl Keilen, Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz, Mainz
Manfred Leyendecker, Geschäftsführer Haus & Grund Rheinland-Pfalz e.V., Koblenz.

Moderation

Reinhard Hübsch, Journalist, Baden-Baden

Exkursion

Gerd Meurer, WEM-Wandheizung, Koblenz

"Tatort Altbau" ist eine Kooperation von:Architektenkammer Rheinland-PfalzGeneraldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz. Mehr...Handwerkskammer Koblenz. Mehr...