Erster Tagesordnungspunkt: Besuch der neuen Synagoge in Mainz. Dr. Peter Waldmann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Rheinland-Pfalz, hatte sich die Zeit genommen und empfing die Mitglieder in dem spektakulären Neubau. Im Betraum, mit seinen ganz mit Buchstaben bedeckten Wänden, führte er zunächst in die jüdische Tradition und Geschichte, im Besonderen den Ursprung des aschkenasischen Judentums in den Schumstätten Speyer, Worms und Mainz, ein und schuf damit die Grundlage zum Verständnis des Entwurfs. 1999 hatte Architekt Manuel Herz den Wettbewerb mit der Idee gewonnen, das hebräische Wort „Kedushah“ - übersetzt „erhöhen“ - in ein Gebäude zu transformieren.
17. November 2010
Vergabethemen im Mittelpunkt
Die eigentliche Sitzung fand anschließend in den Räumen der Geschäftsstelle statt. Ausführlich wurde über den aktuellen Stand der 2. HOAI-Novellierung berichtet. Diese soll noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden. Ziel ist es vor allem die Leistungsbilder zu aktualisieren und zu modernisieren. Hierzu wurden vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung unter Einbeziehung von AHO, BAK und BIngK fünf Facharbeitsgruppen gebildet, die bis Mai 2011 konkrete Überarbeitungsvorschläge zu verschiedenen Leistungsbildern liefern sollen. Anschließend wird das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie auf Grundlage eines noch zu beauftragenden Gutachtens die Honorare an die neuen Leistungsphasen anpassen. Grundsätzlich wird vorgeschlagen, die mit der HOAI 2009 in die Anlagen verschobenen Leistungen mit dem Ziel einer besseren Lesbarkeit der HOAI wieder in den Verordnungstext aufzunehmen. Die Besonderen Leistungen sowie die Objektlisten sollen ergänzt beziehungsweise aktualisiert werden. Die Abschaffung des alten § 10 Abs. 3a - Anrechenbare Bausubstanz - hat zu einer Honorarminderung geführt. Neben dem derzeit kaum dursetzbaren vorgesehenen Umbauzuschlags vom bis zu 1,8-fachen muss künftig wieder die vorhandene Bausubstanz angemessen berücksichtigt werden. Seitens der Architektenkammer Rheinland-Pfalz engagieren sich Sabine Hahn, Klaus-Dieter Aichele und Hermann-Josef Ehrenberg in den Arbeitsgruppen.
Ausdrücklich gelobt wurden die nördlichen Kammergruppen, insbesondere die Kammergruppe Koblenz/Neuwied für ihr Engagement bei der Gestaltung des Auftritts der rheinland-pfälzischen Architekten auf der BUGA 2011.
Haushaltsbeschlüsse
Der Haushaltsabschluss 2009 der Kammer ergibt eine Zuweisung an die Betriebsmittelrücklage in Höhe von 100.000 Euro. Den Haushaltsplan für das Jahr 2011 stellte Vorstandsmitglied Hermann-Josef Ehrenberg vor. Die Vertreterversammlung nahm einstimmig den Haushalt 2009 an, entlastete ebenfalls einstimmig die Geschäftsführung, den Vorstand, und die Rechnungsprüfer und beschloss einstimmig den Haushaltsplan 2011 wie vorgestellt. Mit jeweils einer Enthaltung und ohne Gegenstimmen wurde auch einer Erhöhung des Grundbeitrages im Rahmen der Steigerung des Verbraucherindexes auf 771 Euro sowie auf 75 Euro für Mitglieder zwischen 65 und 75 Jahren zugestimmt.
Stundensätze
Nachdem die Stundensätze seit der Novellierung nicht mehr in der HOAI geregelt sind, herrscht Unsicherheit hinsichtlich der Ermittlung realistischer Sätze und ihrer Durchsetzbarkeit. Daher wird die Landesgeschäftsstelle Ermittlungshilfen zusammentragen und im Extranet allen Mitgliedern zur Verfügung stellen.
Wettbewerbswesen
Die bei der vergangenen Vertreterversammlung eingeführte „Freie Diskussion“ wurde auch bei dieser Herbsttagung fortgesetzt. Als erstes Thema wurde das aktuelle Vergabewesen erneut aufgenommen. Ziel der Einführung von VOF-Verfahren war es, möglichst transparente Auftragsvergaben zu erreichen. Beklagt wird, es gäbe immer höhere Zugangshürden. Damit werden kleine, mittlere und junge Büros in großen Teilen ausgeschlossen, was zu einer zunehmenden Konzentration führt. Eine schnelle Lösung gibt es jedoch nicht, da die Regelungen im Europarecht verankert sind. Der Vorstand hat sich gemeinsam mit den Vorständen der hessischen und der saarländischen Kammer auf zwei Ziele verständigt: Kurzfristig soll eine Sensibilität für sinnvolle Festlegungen der Zugangskriterien erzeugt werden. Langfristiges Ziel ist es, eine europäische Lösung zu finden, beispielsweise die Definition von Ausschreibungsradien in Abhängigkeit von der Bausumme, jedoch über Landesgrenzen hinweg.
Architektenausbildung
Ausgiebig und kontrovers wurde die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen diskutiert. Nach allgemeiner Auffassung qualifiziert eine 6-semestrige Bachelor-Ausbildung nicht zur Arbeit als Architekt. Unklar ist nach wie vor, welche Tätigkeiten diese Absolventen ausüben sollen. Paradoxer Weise gingen mit dem vorgeblich internationalen Abschluss gerade die Freiräume verloren, die ein Auslandssemster und Büropraxis vormals ermöglicht haben. Inzwischen ist das Verständnis für die Notwendigkeit größerer Flexibilität gewachsen. Damit nähern sich auch die Bildungsinstitutionen der alten Kammerforderung nach einer europatauglichen und kammerfähigen Ausbildung an.
Zertifizierungen
Einigkeit herrscht darüber, dass die zunehmende Zertifizierungswut vor allem den Zertifizierungsstellen nützt, insbesondere dann, wenn Teile der allgemeinen Architektenleistungen betroffen sind, beispielsweise die Zusatzausbildung bei der EOR zum Energieberater. Netzwerke können eine Möglichkeit sein, nicht alle Zertifikate selbst vorweisen zu müssen. Es wird angeregt, in den Kammergruppen Abende zum Thema Netzwerkbildung anzubieten, eventuell mit einem externen Mediator. In einem Fortbildungsseminar der Kammer könnten anschließend die rechtlichen Aspekte sowie Haftungsrisiken vermittelt werden.
Die nächsten Vertreterversammlungen finden am 27. Mai 2011 auf der BUGA und am 11. November 2011 in der Landesgeschäftsstelle statt.