13. Oktober 2022
Mainzer Architekturquartett
„Die Ingelheimer haben früh verstanden, dass sie der Sogwirkung der umliegenden Stadtzentren etwas entgegensetzen müssen“, stellte Helmut M. Bien eingangs fest. „Ingelheim ist ein Aprilscherz“ provozierte der Geschäftsführer von Westermann Kommunikation und „Ingelheim-Kenner“ augenzwinkernd. Die Mittelstadt sei durch die Zusammenlegung einst eigenständiger Orte entstanden und deshalb ohne historisches Zentrum.
Im Entwicklungszeitraum 2011 bis 2018 erfolgten massive innerstädtische Eingriffe, um ein neues urbanes Stadtzentrum zu schaffen. Ein Mix aus Kultur, Handel, Gastronomie, Bildungsangebot und Verwaltung soll Identität schaffen und die Attraktivität der Stadt für die Menschen, die hier wohnen und arbeiten steigern.
Mit auf dem Podium war der Münchner Architekt Prof. Peter Haimerl, „Schöpfer des Wunders von Blaibach“, das Konzerthaus das zum Kunstwerk avancierte und zu den besten Gebäuden der Welt gezählt wird. Entsprechend hoch war auch Haimerls Anspruch an die Architektur der zur Diskussion stehenden Häuser WBZ, kING und Mediathek samt der neuen Plätze Marktplatz Neue Mitte, Neuer Markt und Sebastian-Münster-Platz. „Mir fehlt das Bewusstsein, dass man immer das Beste geben muss, …das letzte Quäntchen Energie“. Das Niveau der Architektur müsse immer nach oben getrieben werden, unterwegs dürfe man nicht mit dem Sparen oder mit Kompromissen anfangen, so die Auffassung Haimerls. Das kING und die Mediathek seien ja gut, die Monumentalität eine Chance, aber ihn störe vor allem die „Unsensibilität des Drumherums“.
Kulturbauten kosten viel, aber das Attraktivitätslevel der Stadt steigt.
Klaus Elliger, ehemaliger Leiter des Stadtplanungsamtes Mannheim, lobte den Nutzungsmix der Neubauten, vermisste in den Freiflächen aber Lebendigkeit und die Anbindung ins Quartier ohne trennende Straßen. Das Podium, mit Prof. Dr. Matthias Schirren von der TU Kaiserslautern als viertem Diskutanten, war sich hier einig: Ziele, Bedarfe und der räumliche Kontext jeder Einzelmaßnahme müssten immer mitgedacht und im Auge behalten werden.
Die Kammergruppe Mainz-Bingen veranstaltet das Architekturquartett finanziert durch ein Sonderbudget seit 2018. Unterstützer waren das WBZ und die Stadt Ingelheim neben dem Deutschen Werkbund Rheinland-Pfalz e.V..