Wer über Grenzen blickt, wird in Österreich oder der Schweiz Gratis-Architekturführer für Touristen finden, in denen es erstaunlicherweise auch ganz viele hochkarätige Supermärkte und Läden von Einkaufsketten gibt, die hierzulande Ortseingänge mit besseren Blockhütten verzieren. Stolze Bürgermeister führen durch Vorzeige-Gewerbegebiete und erklären, dass den Zuschlag nur erhält, wer mit seinem Projekt zur Verschönerung des Ortsbildes beiträgt. Baukultur wird nicht um Ihrer selbst Willen diskutiert, sondern als Tourismus- und Wirtschaftsmotor gezielt eingesetzt.Derweil uns rheinland-pfälzische Vertreter kommunaler Gebietskörperschaften erklären, die Ketten würden sich im Nachbarort niederlassen, verweigere man im eigenen Gewerbegebiet die Ansiedlung ... Rückgrat hat man uns zum Stehen gegeben!
Wenn Baukultur nur Sonntagsreden dient, entstehen Projekte wie das Eifeldorf „Grüne Hölle“. Von Politik/Verwaltung geduldet, unterstützt, vielleicht auch mitfinanziert, bieten die Macher eine an Banalität nicht zu überbietende Bayern-Szenerie, die wohl dem Anspruch des tumben Germanen genügen soll. Beschämend die Vorstellung, so etwas einem halbwegs gebildeten Menschen als vorbildlich präsentieren zu müssen. Wir sollten Preise vergeben für miserable Beiträge zur Baukultur unseres Landes, am besten in Form von bis zu drei „Eifelmaß“. Die erste Maß für größtmögliche Stilpanscherei in der Architektur, die zweite für rücksichtslose Verschandelung einer historisch bedeutsamen Landschaft und die dritte für die Vernachlässigung identitätsstiftender Merkmale in der Projektentwicklung. Das Eifeldorf „Grüne Hölle“ beleidigt die Menschen in der Region und in Rheinland-Pfalz; sie hätten besseres verdient. Dafür ist der Preis allemal gerechtfertigt, drei volle Maß ... ein drei x hoch.
Vizepräsident Ernst Wolfgang Eichler, Alzey
Archivbeitrag vom 14. Oktober 2009