Geht es um Kulturgüter, gibt es in unserer Gesellschaft zweierlei Sicht. Wer einen gut erhaltenes Käfer-Cabrio sein Eigen nennt, läuft von Pontius zu Pilatus, um mit Original-Teilen das gute Stück in ursprünglichem Zustand zu bewahren. Nicht unwahrscheinlich, dass der gleiche Zeitgenosse sein einmaliges historisches Gebäude ´mal so richtig „auf Stand“ bringen will und dabei unwiederbringliche Zeugnisse unserer Vorfahren vernichtet. Deshalb ist es gut, dass wir einen Denkmalschutz haben, und allzu leichtfertige Bauherrn in die Schranken gewiesen werden können. Damit aber kein Ende; Gebäude sind zwar „unverrückbar“, was ihren Standort angeht, waren aber seit jeher analog zu gesellschaftlichem Fortschritt andauernder Weiterentwicklung am Bestand, oftmals auch Umnutzung unterworfen; Veränderung gehört schlichtweg zum Leben eines Gebäudes.
In diesem Spannungsfeld bewegen sich Denkmalschützer auf der einen und Architekten auf der anderen Seite. Die Architektenkammer führt regelmäßig Gespräche mit der Denkmalpflege, um Irritationen und Friktionen entgegenzuwirken. Es zeigt sich: Handlungsbedarf gibt es auf beiden Seiten. Viele unserer Kollegen müssen lernen, wie man zeitgemäße und gute Lösungen entwickelt, ohne rücksichtslos wertvolle Substanz zu zerstören. Andererseits müssen sich aber Vertreter vor allem der genehmigenden unteren Denkmalbehörden stetig in Fragen der Architekturent-wicklung weiterbilden, um auf Höhe der Zeit diskutieren und entscheiden zu können.
Gerade jetzt, da nötige Energieeinsparung zum Handeln zwingt, sind Phantasie und intelligente Lösungen von beiden Seiten gefragt. Dabei schadet Fortschrittsfanatismus ebenso wie rückwärtsgewandtes Denken. Wird sinnvolle Nutzung von Gebäuden verhindert, ist auch bald so manches Denkmal ... abgewrackt.
Vizepräsident Ernst Wolfgang Eichler, Alzey
Archivbeitrag vom 21. April 2010