Herr Reker, Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner, kurz: alle Mitglieder der Architektenkammer Rheinland-Pfalz rechnen ihre Honorare seit 1977 auf der Basis der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ab. Gilt die HOAI überhaupt noch?
Ohne Zweifel gilt die HOAI und verpfl ichtet jeden, der Leistungen erbringt, wie sie in der HOAI beschrieben sind, zwingend unter Beachtung dieser Regelung das Honorar abzurechnen. Die HOAI hat, wenn dieser etwas saloppe Vergleich gestattet ist, den gleichen verbindlichen Rechtsnormcharakter wie die Straßenverkehrsordnung: Niemand käme auf die Idee, trotz gelegentlich fehlender Akzeptanz, diese Regelungen in Frage zu stellen. Die HOAI ist zwingendes nationales, verbindlich einzuhaltendes, geltendes Recht.
Die Europäische Kommission bestreitet die europarechtliche Zulässigkeit der HOAI als verbindliches Recht.
In der Tat hat die Kommission ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. Das Verfahren ändert indessen nichts daran, dass derzeit die HOAI verbindlich gilt. Die Kommission hat am 23. Juni 2017 ihre Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingereicht.
Wie geht die Bundesrepublik Deutschland mit dieser Klage um?
National zuständig für die Abwehr der Klage ist die Bundesregierung, konkret das Bundeswirtschaftsministerium. Das Bundeswirtschaftsministerium hat Anfang September die Klageerwiderung vorgelegt, mit der um Abweisung der Kommissionsklage gebeten wird. Im weiteren Verfahren hat die Kommission hierzu eine Erwiderung übermittelt. Aktuell arbeitet die Bundesregierung an ihrer Reaktion darauf.
Was bedeutet das konkret?
Die Bundesarchitektenkammer (BAK) und damit auch die Länderkammern stehen seit Ankündigung der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens in einem ständigen Diskurs mit dem Bundeswirtschaftsministerium. Zur Stützung des deutschen Vortrages im Vertragsverletzungsverfahren haben wir gemeinsam mit der Bundesingenieurkammer und weiteren Beteiligten Gutachten erarbeiten lassen, die die Bundesregierung für das Klageverfahren unterstützen sollen. Ein Gutachten befasst sich mit den Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Vertragsverletzungsverfahren, das andere Gutachten mit den empirischen Fragen der Qualitätssicherung von Planerleistungen durch ein gesetzlich geregeltes Preisrecht.