Angesichts zunehmender Wolfssichtungen in Rheinland-Pfalz will das Land ein Wolfskompetenzzentrum einrichten. So begann Mitte Februar die kurze Pressemeldung, die unmittelbar neben der ausführlichen Berichterstattung zur Kritik des Landesrechnungshofes an der unzureichenden Erfüllung der Klimaschutzziele landeseigener Liegenschaften platziert war.
Die Klimamängelliste hat in Anbetracht der zahlreichen Grundlagen, Hinweise, Vorgaben und Empfehlungen, die das landeseigene Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen in den vergangenen Jahren veröffentlicht hat, verwundert. Nicht zuletzt gibt es den KlimawandelAnpassungsCOACH RLP, der helfen soll, das kommunale Grünflächenmanagement für eine klimagerechte Stadtentwicklung zu instrumentalisieren. Und dann haben die vom Land geförderten Baumaßnahmen häufig nicht die Ziele des Landesklimaschutzgesetzes erreicht? Sie sollten doch gerade Vorbild sein für das private Planen und Bauen. Ganz im Gegenteil, heute seien deutlich mehr Defizite gesetzlicher Energiestandards festzustellen als vor Inkrafttreten des Klimaschutzgesetzes; zudem Mängel beim Anlagenbetrieb oder gar gänzlich fehlendes Monitoring. Eine Beurteilung von Wirtschaftlichkeit und CO2-Effizienz sei überhaupt nicht möglich gewesen.
Und nun das Kompetenzzentrum für den Wolf – das erinnert den geneigten Leser und ambitionierten Natur- und Landschaftsfreund an den bewährten Slogan der Nationalparkbewegung „Natur Natur sein lassen“. Der Wolf, sozusagen der soziokulturelle, mythisch aufgeladene Inbegriff des Wilden und Gefährlichen, breitet sich aus. Seit er 1990 unter strengen Schutz gestellt wurde, kehren immer mehr Tiere aus den osteuropäischen Ländern kommend in die früheren Verbreitungsgebiete zurück. Nun auch in Rheinland-Pfalz, im August 2019 bei Bad Hönningen ein kleines Rudel mit fünf Jungen.
Wie gehen wir mit derartigen Veränderungen in unserer Kulturlandschaft um? Das Umweltministerium
Rheinland-Pfalz hat nicht ohne Grund einen „Managementplan für den Umgang mit Wölfen“ (2015) veröffentlicht. Risikoszenarien schildern dabei sowohl das Problem mit den Nutztieren, als auch die konfliktträchtige Begegnung mit Mensch und Hund.
Dass der Wolf ein Nutztier reißt, gehört jedochseit Menschengedenken zur Ökologie unserer Kulturlandschaft. Die gelegentliche Hybridisierung mit dem Haus- und Hofhund ist für Hundehalter/-züchter ärgerlich, aber schlussendlich auch nicht wirklich neu. Und anders als in der Unzugänglichkeit südeuropäischer Gebirgswelten oder gar in der Prärielandschaft von Lieutenant John Dunbar in „Der mit dem Wolf tanzt“ ist die mitteleuropäische Kulturlandschaft überladen mit all den Strukturen und Angeboten, in der anpassungsfähige Arten wie der Wolf sofort ihre ökologischen Nischen finden.
Da mögen auf den ersten Blick die Ausweisung von Präventionsgebieten und die finanzielle Förderung von Maßnahmen helfen. Aber bei genauem Hinschauen kommt dem Kompetenzzentrum noch eine andere Aufgabe zu. Es muss Einfluss nehmen auf das Verhalten der Bürger und der kommunalen Verantwortlichen – nicht nur auf dem Dorf, sondern sehr bald auch in der Stadt, wie die Totfunde in der Nähe des Wiesbadener Ostbahnhofs und in Mainz an der A60 zeigen. Die ökologischen Nischen sind viel zu bequem und einladend, als dass die angeborene Scheu des Wolfs von Dauer bleibt.
Wenn der Landesrechnungshof feststellt, dass trotz Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen und gesetzlicher Regeln die energetischen Ziele und baulichen Standards nicht erbracht werden, ja noch nicht einmal überprüft werden, welche kulturlandschaftliche Effizienz wird auf Dauer dann von einem Kompetenzzentrum für den Wolf zu erwarten sein? Was in Rheinland-Pfalz fehlt, ist ein Kompetenzzentrum für Kulturlandschaft!