Dr. Turit Fröbe hatte die Einladung der Kammergruppe Mainz/Landkreis Mainz-Bingen gerne angenommen, da sie von Architekten eher nicht für Vorträge eingeladen werde. Thomas Dang, Vorstandsmitglied der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, hatte ihr Buch „Die Kunst der Bausünde“, im Quadriga Verlag erschienen, entdeckt und daraufhin die Architekturhistorikerin und Urbanistin aus Berlin für den Auftaktvortrag in das Mainzer Gutleut eingeladen.
29. Juni 2017
"Die Kunst der Bausünde"
„Die klassische deutsche Bausünde ist besser als ihr Ruf. Denn Bausünde ist nicht gleich Bausünde!“ so das Statement der Referentin. Eine „gut gemachte Bausünde“ besitzt bei genauerer Betrachtung sogar eine gewisse Schönheit und einen ureigenen Charme. „Eine gut gemachte Bausünde ist heute genauso schwer zu finden wie gute Architektur“, beklagt sich Dr. Fröbe.
120 deutsche Städte hat sie mit ihrem Fotoapparat besucht. In allen, bis auf Mönchengladbach, hat sie „Bausünden“ gefunden, die es wert waren dokumentiert zu werden.
Das Alexa auf dem Berliner Alexanderplatz in Berlin – das auch als „Pharaonengrab“ oder „rosaroter Hochbunker“ bezeichnet wird – sei ein Beispiel für eine „gut gemachte Bausünde“, weil die Architektur der Shoppingmall die Vorgaben der Stadt, wie Blockrandbebauung, strukturierte Fassade und die Höhe der Traufkante, einhalte. Das Beispiel zeigt, was für Dr. Fröbe die „gute Bausünde“ ausmacht. Auch wenn der Betrachter die Bauwerke im städtebaulichen Kontext als befremdend oder störend empfindet, setzt sich das Gebäude mit dem Umfeld auseinander, reagiert darauf und ist dabei um Gestaltung bemüht. Besonders schmerzlich sind für Dr. Fröbe Bausünden, an deren Standorte zuvor wertvolle Architekturen abgerissen wurden. Wie bei der Großgaststätte Ahornblatt von Axel Mauruszat aus den 1970er Jahren im Berliner Bezirk Mitte, wo heute ein gesichtsloser Neubau steht.
Bekannt geworden ist Dr. Fröbe durch ihren „Abrisskalender 2015 mit Bausünden zum Abreißen“. „Meine Bücher sind in der Humorecke gelandet“, wundert sich Dr. Fröbe ein bisschen, wo sie es doch ganz ernst meint mit ihrer „Kunst der Bausünde“.