Die erste Frage in der Strukturuntersuchung 2021 galt der Büronachfolge: Rund 25 Prozent der Inhaber wollen ihr Büro in den kommenden zwei bis zehn Jahren übergeben, 20 Prozent der Befragten und zwar hier insbesondere kleinere Büros planen, dieses stillzulegen und für über 50 Prozent der befragten Architekten ist das Thema noch nicht relevant. Dreiviertel der selbstständigen Kammermitglieder würden sich indes auch heute wieder selbständig machen, nur sieben Prozent würden dies nicht tun. Die Bereitschaft der Mitglieder, sich mit einem eigenen Büro selbstständig zu machen, ist in den vergangenen sechs Jahren von 38 Prozent auf 40 Prozent gestiegen. Als Gründe für die Wahl einer Selbstständigkeit nannte eine große Mehrheit die damit verbundenen Werte Selbstbestimmung, Unabhängigkeit und Freiheit aber auch die Aussicht auf Selbstverwirklichung und Entfaltung. Gegen eine Selbstständigkeit hingegen spricht für Viele die finanzielle Unsicherheit, eine schlechte Work-Life-Balance sowie die hohe Zufriedenheit mit der jetzigen Arbeitsstelle. Von der Kammer wünschen sich sowohl übergabewillige Büroinhaber als auch gründungsinteressierte Angestellte eine Checkliste, Beratungsangebote, Seminare und Schulungen sowie eine informative Internetseite zu diesem Thema.
Zur Chancengleichheit sowie zur Vereinbarkeit von Familie & Beruf machten die abhängig Beschäftigten folgende Angaben: Die Mehrheit kann Home-Office, Gleitzeit und Teilzeitarbeit in Anspruch nehmen, sodass 70 Prozent ihre Arbeitsstelle mit sehr gut oder gut bewerten (2015: 58 Prozent). 40 Prozent der selbstständigen und angestellten Frauen haben im beruflichen Kontext schon mal Chancenungleichheit oder Diskriminierung erlebt, so zum Beispiel schlechtere Bezahlung, Diskriminierung auf der Baustelle oder fehlende Akzeptanz von Schwangerschaft, Elternzeit und Kinderbetreuung. Dies schlägt sich auch in den Positionen mit Führungsverantwortung nieder, die nur zu 30 Prozent von Frauen besetzt sind, während die grundsätzliche Geschlechterverteilung in den Büros ausgeglichen ist (49 Prozent Frauen, 51 Prozent Männer). Für die Ungleichverteilung gaben die Befragten verschiedene Gründe an: So sind Frauen häufiger für Arbeitgeber tätig, bei denen es keine Führungspositionen gibt, gibt es diese doch, dann bewerben sich Männer eher auf die vakante Position als Frauen und außerdem arbeiten Frauen häufiger in Teilzeit. Bewerbungen Vollzeittätiger verlaufen jedoch häufiger erfolgreich als solche von Teilzeittätigen.
Die Corona-Pandemie wirkte sich auch auf die abhängig beschäftigten Architektinnen und Architekten aus. So war ein Drittel von Pflichturlaub, Überstundenreduktion, Kurzarbeit oder der Kürzung von Zusatzzahlungen betroffen. Im Durchschnitt waren 9 Prozent der Angestellten 4,8 Monate in Kurzarbeit. Dreiviertel der Beschäftigten haben während der Pandemie erstmals (58 Prozent) oder vermehrt (17 Prozent) aus dem Home-Office gearbeitet. Dabei bekamen 46 Prozent sämtliche und 33 Prozent einen Teil der EDV-Ausstattung vom Arbeitgeber gestellt. 36 Prozent der angestellten Kammermitglieder mussten zu Hause zusätzliche Kinderbetreuung übernehmen. Hiervon waren zumeist Frauen betroffen.
Die Studie gibt außerdem Auskunft über die Auswirkungen des HOAI-Urteils aus dem vergangenen Jahr. Hierzu gab ein Drittel der Büroinhaber an, dass sie sich mit Abschlagsforderungen der Auftraggeber und steigendem Wettbewerbsdruck konfrontiert sehen. Besonders betroffen sind größere Büros. 67 Prozent teilten mit, die Abschläge teilweise zu gewähren. Diese könnten häufig nicht kompensiert werden und würden sich deshalb in einem sinkenden Unternehmerlohn niederschlagen. Außerdem gaben die betroffenen Büros an, zeitliche Abstriche bei der Planung machen zu müssen. Ein Fünftel der Büros, insbesondere der Größeren, teilte deshalb mit, das Büro neu aufzustellen oder das Profil schärfen zu wollen.
Zur Personalsituation in der Bauverwaltung wurden die folgenden Auskünfte erteilt: 35 Prozent der Befragten, die sich in der Sache eine Einschätzung zutrauten, gaben an, dass höhere Leitungsfunktionen zunehmend mit fachfremdem Personal besetzt werden. 21 Prozent berichteten dies für Anstellungen mit stadt-, landschaftsplanerischen oder architektonischen Fachaufgaben. Weitere 34 Prozent berichteten, dass für solche Fachaufgaben zunehmend Bachelor-Absolventen eingestellt würden. Als Gründe wurden insbesondere ein Mangel an einschlägigen Bewerbungen oder zu geringe Verdienstaussichten angeführt. Die Mehrheit der im öffentlichen Dienst Beschäftigten empfinden die Personalsituation und die technische Ausstattung in der Bauverwaltung als unzureichend.
Als wichtigste Kriterien bei der Wahl einer Arbeitsstelle gaben die Beschäftigten die Sinnhaftigkeit der Tätigkeit und ein nettes Kollegenumfeld an, gefolgt von der Arbeitsplatzsicherheit, einem vielfältigen Aufgabenspektrum, einer guten Work-Life-Balance, flexiblen Arbeitszeiten, einem angemessen hohen Gehalt und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sowohl Beschäftigte als auch Arbeitgeber räumten ein, dass die Ausbildung in den Bereichen Bauleitung und Koordination, Baurecht, Wirtschaftliche Planung und Terminplanung unzureichend sei. Ein Drittel der Arbeitgeber ermutigen eigenen Angaben zufolge Angestellte mit Bachelorabschluss den Master nachzuholen und sogar 84 Prozent wären bereit, ein berufsbegleitendes Masterstudium zu finanzieren.
18 Prozent der befragten Kammermitglieder teilte mit, dass BIM in ihrem Büro, Unternehmen oder der Behörde eingesetzt werde (2017: 12 Prozent). Besonders ist dies in größeren Büros der Fall. BIM wird vor allem angewendet, um BIM-fähige 3D-Modelle zu erstellen, um attribuierte 3D-Modelle zu nutzen, für Kollisionsprüfungen sowie für die Ausgabe von Kosten- / Mengenlisten aus dem 3D-Modell. Im öffentlichen Dienst werden mit BIM zudem Bestandsgebäude erfasst. Positiv wurde bewertet, dass BIM komplexe Projekte besser beherrschbar mache und dass sich die Fehleranfälligkeit durch Modell-Checks und das Wegfallen von Mehrfachangaben reduziere. Zudem wird die verbesserte Visualisierung in der Projektentwicklung wertgeschätzt, die zu einer besseren Kommunikation zwischen den Akteuren führe und Projekte durch schnellere Informationsverfügbarkeit effizienter mache. Kritisiert wurde hingegen mehrheitlich, dass der Einstieg für kleine Büros teuer sei und dass honorar-, haftungs- und urheberrechtliche Fragen nicht abschließend geklärt seien.
Hintergrundinfos zur Befragung:
Gut 15 Prozent der Kammermitglieder, genau 14.176 Personen, haben im Juni dieses Jahres Auskunft erteilt unter anderem über ihre beruflichen Pläne, die Chancengleichheit in den Architekturberufen, die Auswirkungen der Corona-Pandemie und des EuGH-Urteils zur HOAI, zur Personalsituation im öffentlichen Dienst, zu Entscheidungskriterien bei der Wahl der Arbeitsstelle sowie zum Stand der Digitalisierung.
Ergebnisse im Detail:
Die Einzelgrafiken und Abschlussberichte finden Sie hier.
- Gesamtergebnisse MEHR
- Büronachfolge und Gründungsbereitschaft MEHR
- Chancengleichheit und Vereinbarkeit von Familie und Beruf MEHR
- Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Angestellte MEHR
- Auswirkungen des HOAI-Urteils 2020 MEHR
- Personalsituation in der Bauverwaltung MEHR
Aktuelle Corona-Umfragen der Bundesarchitektenkammer:
Die Bundesarchitektenkammer führt alle drei Monate außerdem Umfragen zur Lage in den Architekturbüros zur Corona-Krise durch. Die Ergebnisse stehen ebenfalls online zur Verfügung: MEHR