15. Juni 2009

Frühjahrssitzung 2009 Vertreterversammlung

HOAI-Reform vertraglich umsetzen: Die erste Sitzung der Vertreterversammlung 2009 fand am 5. Juni im Rheingau auf altem churmeyntzerischem Gebiet in den Gebäuden der Hessischen Staatsweingüter mit ihrer Zentralkellerei am Steinberg bei Kloster Eberbach statt.

Der Sitzungsort, die Hessischen Staatsweingüter mit ihrer Zentralkellerei am Steinberg bei Kloster Eberbach, ist das größte Projekt in Deutschland, das sich zu der von der Architektenkammer Rheinland-Pfalz erfolgreich initiierten und anerkannten Kampagne „Wein + Architektur“ zählen lässt. Nicht zuletzt ist das Projekt nach einem Wettbewerbsverfahren entstanden, das das Architekturbüro Friess & Moster Neustadt/Weinstraße gewonnen hatte.

Kammer aktuell

Neu waren in der Tagesordnung der Vertreterversammlung „Aktuelle fünf Minuten“, um aus der Mitte der Versammlung direkt Themen aufgreifen zu können. So wurde ein unfairer Wettbewerb um Aufträge als Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator kritisiert. Weiterhin wurden zum Konjunkturprogramm II in Rheinland-Pfalz kaum von offiziellen Ausschreibungen berichtet. Zur Resonanz vom Konjunkturprogramm II hatte die Landesgeschäftsstelle im Mai eine Email-Umfrage durchgeführt. Danach trägt das Konjunkturprogramm derzeit zu einer Stabilisierung der Geschäftslage der Architekturbüros bei. Die Auftragslage im Mai 2009 in den Büros wird von drei Viertel der Büros als (noch) gut/befriedigend eingeschätzt. Ein Viertel der an der Umfrage beteiligten Büros hat im Rahmen des Konjunkturprogramms II Aufträge schwerpunktmäßig für den Bildungsbereich und bezogen auf Modernisierungen/Energiesparmaßnahmen erhalten. 16 Prozent der Büros gehen davon aus, dass noch weitere Aufträge aus dem Konjunkturprogramm resultieren.

Mit dem Auswahl- und Vergabeverfahren „Acht Schritte/ Wochen für Baukonjunktur und Baukultur“ hat die Architektenkammer eigene Vorschläge für ein zügiges in Gang setzen des Konjunkturpakets vorgelegt. Die Direktvergabe stand aber im Vordergrund, da vielfach bereits „angeplante“ Projekte profitiert haben. Deutlich vorsichtiger wird die Lage zum Ende des Jahres 2009 eingeschätzt. Hier erwarten die Büros - nach partieller Abarbeitung des Auftragvolumens - überwiegend eine ungünstigere Geschäftssituation. Hinterfragt werden mehrere Bauprojekte der Technischen Universität Kaiserslautern, die mit öffentlichen Mitteln gefördert, aber nicht ausgeschrieben worden seien.

 

Berufspolitischer Mittelpunkt des Vorstandsberichts von Präsident Musil war der Kampf um den Erhalt und die Modernisierung der HOAI | Foto: Gerold Reker, Kaiserslautern
Wein + Architektur: Die Vertreterversammlung fand in den Gebäuden der Hessischen Staatsweingüter mit der neuen Zentralkellerei am Steinberg bei Kloster Eberbach statt | Foto: Annette Müller, Mainz

HOAI-Novellierung geschafft

Berufspolitischer Mittelpunkt des Vorstandsberichts von Präsident Musil war der Kampf um Erhalt und Modernisierung der Honorarordnung. Ergänzend berichteten die Ausschussvorsitzenden schriftlich bzw. mündlich über die Schwerpunkte der Arbeit in den acht Kammerausschüssen.

Musil dankte der Landesregierung in Rheinland-Pfalz sowie den politischen Parteien auf Landes- und Bundesebene, welche die Architektenkammer bei der Novelle der HOAI und der Anpassung der Honorarsätze unterstützt haben. Eine insgesamt 13-jährige Auseinandersetzung um Modernisierung und Verschlankung, für Europarechtkonformität mit Anpassung an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse und gegen die Abschaffung habe nunmehr zu einem vertretbaren Ergebnis durch den Beschluss der Bundesregierung vom 29. April 2009 zur VI. HOAI-Novelle geführt, dem am 12. Juni inzwischen auch der Bundesrat zugestimmt hat. (Das Datum des Inkrafttretens war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt). Über alle Parteien und Fraktionen hinweg wurde die Sinnhaftigkeit einer Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen diskutiert, aber auch innerhalb der Berufsstände gab es hierzu gerade auf der Ingenieurseite unterschiedliche Auffassungen. Die gefundene Lösung habe unter erheblichem europarechtlichen Zeitdruck gestanden.

Rechtsanwalt Valentin Fett wies auf die wichtigsten Eckpunkte der VI. HOAI-Novelle hin. Für Kammermitglieder sind fünf regionale Fortbildungsveranstaltungen zur neuen HOAI terminiert. Bei dieser Gelegenheit sollen Hinweise auf neue Architektenverträge (Vertragsmuster) vorgestellt werden. Gemeinsamer Appell an die Kammermitglieder ist es, die geänderten honorarrechtlichen Regelungen nun in den Verträgen mit öffentlichen und privaten Bauherren umzusetzen. In einer regen Diskussion wurden alle Kammermitglieder aufgerufen, stärker Aufwand und Werthaltigkeit der Architektenleistungen zu vermitteln.

Nicht nur Theorie: Zum Abschluss gab es eine Führung durch das neue Kellereigebäude | Foto: Annette Müller, Mainz

"Leitbild Bau"...

...ist die gemeinsame Projektion eines Zukunftsszenarios von Bundesregierung, Bauwirtschaft, Baugewerkschaft sowie Architekten und Ingenieuren. Das unter Mitwirkung der Architektenkammern zusammen mit der Bundesingenieurkammer, der Bauwirtschaft und Bauproduktherstellern erarbeitete „Leitbild Bau“ beruht auf der Koalitionsvereinbarung von 2005. Ziel von „Leitbild Bau“ (www. bmvbs.de) ist es nicht nur die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des gesamten Sektors Planen und Bauen herauszuarbeiten, sondern gleichzeitig auch ein Argument für die „Zukunftsfähigkeit der Wertschöpfungskette Bau“ zu liefern. Mit dem „Leitbild Bau“ ist eine (berufs-)politisch wichtige Integration der Planung in den gesamten Wertschöpfungsprozess Bau herausgestellt. Grundgedanke ist, dass alle am Bau Beteiligten ihre Kräfte sammeln und durch stärkere Kommunikation bei Planung und Bauabwicklung zu einer mängelfreien Bauleistung beitragen. Mehr Kommunikation ist angesagt bis hin zur Umsetzung von BAUTeam-Modellen, wie es die Architektenkammer Rheinland-Pfalz mit Baugewerbeverband und Handwerkskammer Rheinhessen entwickelt hat. Auch wies Musil auf das „Leitbild für Freie Berufe“ hin, das ebenfalls aktuell erschienen ist (www.freie-berufe.de).

Die Wahlen zum Europäischen Parlament und auf kommunaler Ebene berühren Entscheidungen zur Baukultur, Architektur und Berufspolitik in unterschiedlicher Weise. Für die Bundestagswahl am 27. September 2009 wird die Architektenkammer knapp gefasste Wahlprüfsteine vorlegen. Die Kammergruppen haben dann wieder die Möglichkeit, entsprechende Gespräche mit Bundestagskandidaten vor Ort zu organisieren.

Herzlich eingeladen wurde zur bundesweiten Eröffnungsveranstaltung des „Tages der Architektur“ am 27. Juni 2009 im Hambacher Schloss mit Bauminister Tiefensee und Finanzminister Deubel. Zu feiern sind „15 Jahre Tag der Architektur“, eine Kommunikationsidee, die von Rheinland-Pfalz ausging. Gleichzeitig dankte Musil den vielen Kollegen, die sich an dieser Aktion beteiligen und nicht zuletzt den Kammergruppen, die ein interessantes Programm für die Wochen der Baukultur erarbeitet haben.

Grundsätze zur Fortbildung von Absolventen in der Praxis

Mit dem Architektengesetz von 2005 wurden die Eintragungsbedingungen für alle Fachrichtungen geändert. Neben der mindestens zweijährigen Berufspraxis wurden Fortbildungsverpflichtungen der Hochschulabsolventen durch „Teilnahme an den für die spätere Berufsausübung erforderlichen Fortbildungsmaßnahmen“ als Eintragsvoraussetzung definiert. Inzwischen hat das Finanzministerium durch Rechtsverordnung die Anforderungen an die erforderlichen Fortbildungsmaßnahmen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 festgelegt. Aufgrund dieser Ermächtigung hat die Architektenkammer Grundsätze zur Fortbildung der Absolventen in der Praxis zu beschließen. In der Aussprache zu diesem Satzungsentwurf wurde insbesondere die Notwendigkeit der Fortbildung im Bereich des betriebswirtschaftlichen Wissens der Hochschulabsolventen bei den Existenzgründern wie z.B. Bürokalkulation und auch soft skills wie Gesprächsführung, Moderation und Marketing betont.

Die Vertreterversammlung beschließt einstimmig die „Grundsätze über Umfang und Art der Fortbildungen für Absolventen in der Praxis (AiP)“. Das Seminarangebot für das zweite Halbjahr wird durch Herrn Dipl.-Ing. (FH) Stein organisiert, der die Zielgruppe Absolventen betreut.

Neue Ehrenmitglieder

Aufgrund der Ehren- und Auszeichnungsverordnung der Architektenkammer beschließt die Vertreterversammlung nach Diskussion die Herren:

  • Architekt Dipl.-Ing. Dieter Ebert, Neuwied
  • Freier Architekt Professor Dipl.-Ing. Heinrich Eissler, Kaiserslautern/Karlsruhe
  • Architekt Professor Dipl.-Ing. Horst Ermel, Kaiserslautern
  • Freier Landschaftsarchitekt Dipl.-Ing. Helmut Ernst, Trier
  • Freier Architekt/Stadtplaner Dipl.-Ing. Hans Gelbert, Ludwigshafen
  • Architekt Dipl.-Ing. Thomas Lahmé, Kaiserslautern
  • Architekt Dipl.-Ing. Heinz-Jürgen Zeeb, Koblenz

die Ehrenmitgliedschaft zu verleihen. Damit solle die Arbeit von Kollegen gerade in einer Zeit, in der das ehrenamtliche Engagement doch vielfach durch berufliche Beanspruchung und/oder gesellschaftliches bzw. berufspolitisches Desinteresse in Frage gestellt wird, herausgestellt werden. Dem Beschluss der Kammergremien liegen die langjährige ehrenamtliche Mitarbeit in der Architektenkammer, wie Vorstand und Vertreterversammlung einschließlich deren Ausschüssen, die Engagements auf lokaler Ebene in Kammergruppenteams und als Hochschullehrer bei dem Aufbau des universitären Studiengangs Architektur in Kaiserslautern, um Architektur und Architekten in Rheinland-Pfalz zugrunde.

Die nächste Sitzung der Vertreterversammlung findet am Freitag, den 13. November 2009, in Mainz statt.

     

Archivbeitrag vom 15. Juni 2009