1. Leitlinie: Aktive Problemlöser
Die aktive Gestaltung der Märkte erfordert eine Abkehr von reaktivem, rein nachfragegesteuertem Handeln. Die Unternehmen könnten sich auf dem Markt nicht mehr wie in der Vergangenheit alleine durch hohe technische Kompetenzen behaupten, heißt es in der Vereinbarung. Sie müssten sich zusätzlich auf bestimmte Segmente mit unterschiedlichen Kundengruppen, Aufträgen und Märkten konzentrieren. Damit der Aufbau von Kompetenz auch zum unterscheidbaren Wettbewerbsvorteil werden könne, solle dieser für die Kunden durch berufsordnende Systeme, Zertifikate oder Qualitätssysteme sichtbar gemacht werden.
2. Leitlinie: Partnerschaft als Grundlage
Die Verzahnung von planender und bauausführender Wirtschaft sei für die Zukunft des Bauens unabdingbar, unterstrich Halstenberg. Die Grundlage dieser Zusammenarbeit könne nur eine Partnerschaft auf Augenhöhe, Fairness und die Sicherung auskömmlicher Preise und Löhne für alle bilden. Die zehnprozentige Anhebung der Honorare mit der neuen HOAI sei vor diesem Hintergrund das Minimum gewesen. Die heutige Baurealität sei jedoch von einem fairen Umgang oft weit entfernt, stellte Halstenberg fest. Sie habe nichts mehr mit qualitätvollem Bauen zu tun. Viele versuchten den anderen über den Tisch zu ziehen. Und die öffentliche Hand sei nicht so dumm, dass sie nicht wisse, was da passiere. „Nur interessieren sich die meisten öffentlichen Auftraggeber gar nicht dafür, wie die Dinge auf der Baustelle umgesetzt werden“, merkte Halstenberg an. Das ist nach seiner Auffassung zu kurz gedacht: Dauerhaft werthaltige Immobilien seien so in der Regel nicht zu bekommen.
3. Leitlinie: Lebenszyklusansatz
Wenn Projekte nicht mehr nach reinen Planungs- und Baukosten beurteilt und vergeben würden, sondern die gesamten Lebenszykluskosten in die Entscheidung einflössen, würde dies zu mehr Bauqualität, höheren Investitionen in die Planung und Ausführung sowie zu deutlich reduzierten Betriebskosten und damit auch zu mehr Nachhaltigkeit führen, analysierte Halstenberg. Bislang lägen Bauherrn diese Entscheidungsgrundlagen jedoch nicht vor. Mit dem Ziel, die notwendige Transparenz zu gewährleisten, die es auch dem Kunden erlaube, zwischen guter und nicht so guter Qualität zu unterscheiden, habe das Ministerium das Deutsche Gütesiegel für nachhaltiges Bauen entwickelt, das im Oktober auf der Expo Real vorgestellt wurde. Etwas Ähnliches sei demnächst auch für den Wohnungsbau geplant.
4. Leitlinie: Bildung
Die Attraktivität der Branche müsse für Fachkräfte und Schulabgänger erhöht werden. Dafür seien eine hohe Qualität der Aus- und Weiterbildung, Aufstiegschancen, Beschäftigungsstabilität und attraktive Arbeitsbedingungen notwendig, heißt es in den Leitlinien. „Wir brauchen Absolventen, die etwas von ihrem Fach verstehen“, betonte Halstenberg darüber hinaus. Der Bologna-Prozess sei sicherlich nicht mehr zu stoppen, zum Teil habe er auch seine Berechtigung gehabt. Das Studium sollte straffer, kürzer und internationaler werden. Mit seiner Auffassung, einiges sei bei der Umstellung jedoch missglückt, sprach Halstenberg deutlich aus, was die Kammer seit Jahren kritisiert. Der internationale Austausch sei zurück gegangen. In Deutschland habe man vielfach den 6-semestrigen Bachelor eingeführt, obwohl die sechs Semester in der internationalen Vereinbarung nicht absolut, sondern nur als Untergrenze verbindlich sind. Ihm dränge sich manchmal der Eindruck auf, der Grund dafür sei, den Staat von Ausbildungskosten zu entlasten, sagte Halstenberg. Denn die Verkürzung der Studienzeit habe nur Erfolg, wenn die Betreuungsintensität erhöht werde. Wissenschaftspolitiker hätten ausgerechnet, es koste eine Milliarde Euro zusätzlich, die Studenten in der kürzeren Zeit durch die Unis zu führen, wenn diese das gleiche Wissen erlangen sollten, wie in den alten Studiengängen. „Nur, diese Milliarde ist nie aufgebracht worden“, bemerkte Halstenberg. Daher riet er: „Gehen Sie in die Offensive! Bekämpfen Sie nicht den Bologna-Prozess, sondern fordern Sie ihn ein. Sagen Sie, was sie für Absolventen in der Praxis brauchen, dass die Anforderungen beim Bauen deutlich höher sind als früher und verlangen Sie, dass das Bildungssystem den Bologna-Prozess so ausgestaltet, dass hinterher auch wirklich berufsbefähigte Bachelor und Master aus dem System herauskommen. Wenn Sie es nicht einfordern, wird es auch nicht kommen.“
5. Leitlinie: Innovationskraft
Die Innovationskraft der Wertschöpfungskette Bau soll gestärkt und Deutschland ein Leitmarkt für innovatives Bauen werden, so die Zielsetzung des Leitbildes. Architekten haben dabei als Bindeglied zwischen Bauherr, Bauunternehmen und Zulieferern eine Schlüsselposition bei der Verbreitung innovativer Verfahren und neuer Produkte. Die Weiterbildung spiele eine wichtige Rolle. Durch Kooperation in Forschung und Entwicklung aber auch in der Aus- und Weiterbildung könne die Weiterentwicklung der technischen Gebäudeausstattung sowie neuer Baumaterialien und -verfahren beschleunigt werden. Erforderlich seien dafür auch Anreize und Freiräume bei Ausschreibungen, über die anerkannten Regeln der Technik hinaus.
6. Leitlinie: Legalität und Werte
„Wir wollen einen klaren Unterschied zwischen Unternehmen, die Abgaben zahlen, ordentlich agieren und ihren gesetzlichen Pflichten nachkommen und solchen, die das nicht können“, gab Halstenberg zu verstehen. Es gebe zweierlei Arten von Unternehmen. „Solche, die entsprechend aufgestellt sind und andere, die heute da und morgen weg sind - die dann auch nicht mehr haften, unter anderem zum Schaden der Architekten.“ Zu diesem Zweck sei auch die Präqualifikation von Bauunternehmen eingeführt worden. Das Ministerium setze sich dafür ein, dass präqualifizierte Unternehmen besser bei der Vergabe von öffentlichen Bauvorhaben behandelt würden. Bislang hätten sich über 3.000 Firmen präqualifizieren lassen.
Strukturwandel
Den Rückgang des Bauvolumens bezeichnete Halstenberg als normale Entwicklung in einem entwickelten Land. Wenn alles gebaut ist, kämen aber neue Bauaufgaben wie moderne Stadien und Veranstaltungsorte und die Nutzungszyklen im Industrie- und Gewerbebau würden kürzer. Vor allem aber durch energieeffizientes Bauen und den demografischen Wandel werde in Zukunft ein erheblicher, differenzierter Baubedarf ausgelöst. Der Strukturwandel biete den Architekten Chancen: Sie müssten ihn aber aktiv gestalten und nicht nur erleiden, so der Rat von Halstenberg an die Architekten.
Archivbeitrag vom 18. November 2009