Er widmete sich unter anderem dem Thema: Welche sozialen und baukulturellen Auswirkungen der demografische Wandel und die Renaissance der Stadt haben werden. 14 Redner in vier Themenblöcken, erörterten sehr unterschiedliche Aspekte des Themas, zeigten ebenso vielfältige Lösungsansätze auf und gaben zahlreiche Denkanstöße. Die Bandbreite der Diskussion wird in diesem und folgenden Artikeln vorgestellt, noch einmal in ausführlicher Form, um so allen, die in Koblenz nicht mit dabei sein konnten, einen Überblick zu ermöglichen. Dieser erste Artikel zeigt einen Rückblick auf den ersten Themenblock, der unter dem Motto: „Mehr Schönheit: Baukultur entwickeln und bewahren“ stand. Die drei Redner gingen der Frage nach, wie Baukultur, als weicher Standortfaktor, zur positiven Entwicklung von Städten, Dörfern und Regionen beitragen kann. MEHR
21. September 2011
Mehr Schönheit: Baukultur entwickeln und bewahren
BUGA Koblenz
Der Oberbürgermeister von Koblenz, Professor Dr. Joachim Hofmann-Göttig, berichtete über die positiven Auswirkungen, die die Investitionen in die BUGA schon jetzt zeigen. Zusammenfassend brachte er es auf den Nenner: Die Koblenzer Bürger sind heute stolz auf ihre Stadt. Die BUGA selbst, aber auch die städtebaulichen Maßnahmen, hätten auch die zunächst vorhandenen zahlreichen Skeptiker überzeugt. Die meistgestellte Frage vor Beginn der BUGA sei gewesen: Können wir uns das überhaupt leisten? Eine berechtigte Frage, bei Gesamtkosten von rund 100 Millionen Euro, die der Oberbürgermeister jedoch mit einem eindeutigen „Ja“ beantwortete. Nicht nur aufgrund der neuen Zufriedenheit und Identifikation der Bürger mit ihrer Stadt, sondern auch weil die erhofften Besucherzahlen noch übertroffen wurden. Zwischen Mitte April und Mitte August hatten bereits 2,4 Millionen Menschen die Veranstaltung besucht und 67 Prozent gaben bei einer Umfrage an, Koblenz auch nach der BUGA erneut besuchen zu wollen.
Den wichtigsten Grund für den Erfolg sieht Hofmann-Göttig in der Nachhaltigkeit der Projekte. „Das Ziel war, nicht nur ein Kulturfestival über sechs Monate zu veranstalten, sondern die Stadt strukturell zu verbessern und zu verschönern.“ So wurde die Rheinpromenade saniert, das Schloss und sein Umfeld aufgewertet und die Umgebung der Festung Ehrenbreitstein neu gestaltet. In Zukunft wird dieser neue Festungspark den Koblenzern als Naherholungsgebiet zur Verfügung stehen. Zu einem dauerhaften Highlight und einem Wahrzeichen für die Stadt könnte auch die Seilbahn über den Rhein werden. Zunächst nur aus rein pragmatischen Gründen entstanden (wie können die beiden Veranstaltungsgelände miteinander verbunden werden), mehren sich die Stimmen, die die Seilbahn mit ihrem spektakulären Blick erhalten möchten. Ein grundsätzlicher Punkt des nachhaltigen Konzepts sei bereits in der Standortwahl begründet: das BUGA-Gelände liegt nicht am Rande der Stadt, sondern mitten drin. Nur durch die langfristige Wertschöpfung habe sich der Slogan der BUGA „Koblenz verwandelt“ so umfassend bei der Koblenzer Bevölkerung durchsetzen können. MEHR
Höfische Feste - Demokratische Events
Wie feiert sich ein Staat, ein Land, eine Gesellschaft? Dieser Frage ging Dr. Burkhard Spinnen, Autor und Journalist, nach. Frühere höfische Feste seien sehr üppige, teure und durchchoreografierte Veranstaltungen gewesen, die zwar auch der Belustigung und Unterhalten dienten, vor allem aber der Veranschaulichung der existierenden Hierarchie. Ähnlichkeit hiermit hätten auch noch die großen Staatsfeierlichkeiten der heutigen Diktaturen. Doch wie feiert sich ein demokratischer Staat? Wie stellt sich eine Gesellschaft von Individuen dar? Die dafür gefundenen Formen seien Stadtfeste oder multikulturelle Feste, zu denen jeder Bürger etwas beisteuern könne, für jeden Geschmack etwas dabei sei. Heftig kritisierte Dr. Spinnen daran, dass diese zunehmend auf das Ökonomische fixiert seien, der Bürger nur noch als Konsument gesehen werde.
Eine Alternative und eine angemessene Art und Weise sich als demokratische Gesellschaft darzustellen sah er hingegen in der Gestaltung der Städte: Städte nicht als Kulisse, sondern Städte als lebendige Orte, in denen sich das Engagement der Individuen abzeichnet. Städte spiegelten ein sehr identisches Bild der Werte einer Gesellschaft wider, so Dr. Spinnen. MEHR
IBA Sachsen-Anhalt
Wie verändert ein signifikanter Bevölkerungsrückgang Städte und Dörfer, ganze Regionen? In Ostdeutschland ist dies bereits eindrücklich zu sehen. Wie diese Schrumpfungsprozesse städtebaulich verträglich gestaltet werden können, der Frage ging die IBA Sachsen-Anhalt in den vergangenen Jahren nach. In 19 Städten mit unterschiedlichen Strukturen wurden exemplarisch19 spezifische Strategien erprobt. Bewusst ist dabei auf Leuchtturmprojekte verzichtet worden. Regina Sonnabend von der Stiftung Bauhaus Dessau, die die IBA durchführte, stellte die Projekte vor.
Der Fokus aller Maßnahmen lag auf den Stadtzentren und deren Belebung: historische Stadtkerne wurden saniert, innerstädtische Freiräume qualifiziert, Bildungseinrichtungen am Stadtrand geschlossen und in erhaltenswerte Altbauten in den Städten integriert oder ein altes Stadtbad saniert und als Impulsgeber für Theateraufführungen umgenutzt. Unter starker Brügerbeteiligung wurden Häuser erhalten, aber auch bewusst ein historisches Haus abgerissen, um so Freiräume für die Nachbarschaft zu schaffen. Aufgewertet wurde auch eine viel befahrene Straße mit großem Gebäudeleerstand und verwahrlosten Grundstücken durch eine Open-Air-Galerie. Auf den Brachflächen wurden großformatige Bilder von Künstlern aufgestellt. In einem Projekt entschieden sich die Verantwortlichen für den Erhalt von mehreren, verinselten Stadtkernen, die im Laufe der Jahre entstanden waren. Um die Zwischenräume aufzuwerten wurden diese in extensive Stadtlandschaften umgewandelt, die von Vereinen beispielsweise für Experimente mit nachwachsenden Rohstoffen genutzt werden.
Die Projekte der IBA Sachsen-Anhalt wurden viel beachtet. Ein einheitliches Erfolgsrezept gebe es jedoch nicht, so Sonnabend. Vielmehr gelte es, jede Stadt genau zu analysieren: Welche Ressourcen, welches Potenzial, welche Stärken sind vorhanden? Diese gelte es zu stärken und in einer langfristig angelegten Strategie herauszuarbeiten. MEHR
Diskussion
In der anschließenden Diskussion bestätigte Sonnabend, dass die Internationale Bauausstellung für Sachsen-Anhalt ein gutes Instrument war, um neue Strategien auszuprobieren. Dies könne auch für Rheinland-Pfalz gelten. Insgesamt sieht sie die Zukunft in einer stärkeren kommunalen Abstimmung, es könne beispielsweise nicht in jeder Stadt ein Krankenhaus vorgehalten werden. Ab welcher Distanz Menschen als von der Versorgung abgeschnitten gelten, fragte Moderator Reinhard Hübsch. Was seien Entfernungen, wenn man sich Theater beispielsweise auch zu Hause auf einem Großbildschirm ansehen könne, erwiederte Dr. Spinnen. Durch die digitale Versorgung habe sich vieles verändert.
Archivbeitrag vom 21. September 2011