Bürokratieabbau und Deregulierung sind in aller Politiker Munde; in den Architekturbüros ist das krasse Gegenteil Alltag. Die Flut an Gesetzen, Verordnungen, technischen Regelwerken und sonstiger Vorschriften zur Projektabwicklung, insbesondere öffentlicher Auftraggeber, steigt unaufhörlich. Die Kernfelder unseres Berufes scheinen mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt.
Insbesondere im Vergabewesen treibt die Angst vor Korruption, Nachprüfungsverfahren und Nachträgen während der Bauabwicklung ständig neue Regelblüten und Ermessensspielräume werden beschnitten. Die Zeche zahlt der Steuerzahler, Mehraufwand und -verantwortung bleiben an unserem Berufsstand hängen.
Die Architektenkammer steht im Dialog; mit der Landesregierung, z.B. weil geltendes Vergaberecht mittlerweile so eng ausgelegt wird, dass es nicht mehr dem Bauen dient, sondern es massiv behindert, mit den Bauverbänden, z.B. weil zulässiges Nachtragsmanagment von Unternehmen auch Grenzen des Zumutbaren überschreitet und die notwendige Kooperation am Bau stört, mit Landesbetrieben, z.B. weil partiell geforderte Anwendung von Standardleistungsbüchern nicht zwingend die Qualität von Ausschreibungen verbessert.
Damit alleine ist es jedoch nicht getan, denn ab und an hält auch mangelnde Qualität von Architektenleistungen in diesen Leistungsphasen als Argument her für angeblichen Regelungsbedarf. Jeder Einzelne muss letztlich überzeugen mit mehr Kompetenz, mit Arbeit auf soliden Grundlagen, mit projektspezifisch angelegten Ausschreibungen, mit unabhängiger Beratung des Auftraggebers bei der Auftragsvergabe und mit absoluter Vertrauenswürdigkeit. Wer geltende Regeln überzeugend anwendet, gräbt der Bürokratie-Flut das Wasser ab.
Vizepräsident Ernst Wolfgang Eichler, Alzey