Kürzlich rief ein Kollege an; er hatte im EU-Amtsblatt die Bekanntmachung eines Hochschulprojektes entdeckt und wollte sich am Verhandlungsverfahren beteiligen. Doch nach kurzem Studium der Bedingungen wurde klar, dass eine Bewerbung völlig aussichtslos war. Vom Tag der Veröffentlichung an gab es über ein Wochenende exakt fünf Tage Zeit für eine Bewerbung, und die geforderten Voraussetzungen waren so formuliert, dass 99,9 Prozent der rheinland-pfälzischen Büros sich nicht beteiligen konnten. Man kann verstehen, dass öffentliche Auftraggeber die Flut von Bewerbungen durch filternde Kriterien eindämmen wollen. Aber nirgendwo sonst wird deutlicher, wie sehr geltendes Vergaberecht einerseits diskriminierend, andererseits marktkonzentrierend wirkt; kleine Büroeinheiten sind regelrecht, ganz im Wortsinn, vom Aussterben bedroht.
Die Kammer reagierte postwendend; natürlich nehmen wir solche Verfahren zum Anlass für Kritik, sowohl beim öffentlichen Auftraggeber als auch auf politischer Ebene. Aber ohne Einsichten und Unterstützung aus der Kollegenschaft sind wir recht machtlos.
Freischaffende können helfen, indem sie prompt und immer wieder mitteilen, wenn Verfahren mit zu engen Filtermaschen veröffentlicht werden. Angestellte und beamtete Kollegen sind aufgefordert, ihrer großen Verantwortung gerecht zu werden und faire Chancen zu bieten. Eine rechtzeitige Pro-grammierung von Projekten lässt ausreichend Raum für anständige, offene Verfahren, auch mit eingebettetem Architektenwettbewerb.
Erst verschleppte und dann hektisch abgewickelte Ausschreibungen mit kaum überwindbaren Hürden schließen nahezu den Berufsstand eines ganzen Bundeslandes aus. Wer wirklich will, kann auch den Markt öffnen, andere legitime Verfahren wählen und schlichtweg ... nach Können fragen!
Vizepräsident Ernst Wolfgang Eichler, Alzey