Die Klagen nehmen zu, weil Hochschulen mit studentischen Projekten an aktuellen Aufgaben arbeiten und sich so in Konkurrenz zum freien Markt stellen. Damit wird einerseits die sicher gegebene Nachfrage oftmals öffentlicher Auftraggeber bedient, die sich billig gut beraten glauben. Andererseits wollen sich Hochschulen im Ranking durch angeblich praxisnahe Ausbildung gut positionieren.
Vorteile für die Studenten bietet das kaum. Vielmehr wird ein verzerrtes Bild von der geistig-schöpferischen Leistung des Architekten gezeichnet, die zum „Nulltarif“ zu bekommen und des Honorares nicht würdig ist. Studenten werden beteiligt am Prozess, der ihren späteren Arbeitgebern die Existenzgrundlage nimmt.
Seit Jahren versucht die Kammer in Gesprächen mit den Hochschulen diesem Problem zu begegnen, ist aber auf Einsichten und gemeinsame Ziele angewiesen. Damit kein Missverständnis aufkommt; Professoren sollen freiberuflich arbeiten, damit Lehre auf Erfahrung gründet. Wenn sie akquirieren, ohne Amt und Stellung zu nutzen, können sie sich vollster Unterstützung der Kammer sicher sein. Darüber hinausgehendes Engagement am Markt stößt aber auf berechtigtes Unverständnis. Fischen im Teich der Freischaffenden ist unnötig; Generationen von Professoren haben Aufgaben mit Phantasie und Kreativität selbst entwickelt! Kollegen auf der Auftraggeberseite müssen bedenken, dass Studienprojekte die Fülle realistischer Randbedingungen nicht berücksichtigen und bei aller Vielfalt der Ideen so gut wie nie realisierbar sind. Projekte gelingen, wenn man von Anfang an mit einem Architekten zusammenarbeitet und sich Grundlagen und Problemstellungen gemeinsam erarbeitet. Das schafft Markt ... ganz nah am Studium.
Vizepräsiden Ernst Wolfgang Eichler, Alzey
Archivbeitrag vom 20. Juni 2008