Wer lange genug in der Vertreterversammlung war, kennt die Themen im TOP "Aussprache", die sich in steter Regelmäßigkeit wiederholen. Dazu gehört z.B. die Beteiligung von Kollegen an „grauen Wettbewerben“, wie wir das früher nannten, wobei die Betonung auf „früher“ liegt. Nach dem Urteil des BVerfG zur Teilnahme an Wettbewerben, die sich nicht an GRW oder RAW orientieren, gibt es nämlich keine rechtliche Handhabe mehr gegen Architekten, die sich im Rahmen ihrer Akqusition an anders geregelten Auswahlverfahren beteiligen. Man mag das bedauern, weil dadurch hervorragende geistig schöpferische Leistung ohne entsprechende Würdigung durch ordentlich besetzte Preisgerichte bleibt, und bei Auslobern der Eindruck entsteht, Planungsleistungen seien nichts wert.
Andererseits hat das schon drei Jahre alte Urteil auch etwas bewegt, denn -wo möglich- argumentieren wir heute nicht mehr über das Berufsrecht, sondern überzeugen Auslober inhaltlich von den Vorteilen eines korrekten Verfahrens. Zudem gelten für Architektenwettbewerbe der öffentlichen Hand im Bund und in Rheinland-Pfalz die gerade neu eingeführten „Richtlinien für Planungswettbewerbe RPW 2008“, wodurch zumindest hier ein Ordnungsrahmen gegeben ist. Wer durch die Rechtsprechung des BVerfG ein „Hauen und Stechen“ eröffnet sieht, liegt meines Erachtens nur zum Teil richtig, denn auf Dauer kann sich kein Architekt leisten, seine Arbeit zu verschenken. Gleichwohl, wo Regulative von außen fehlen, sollten wir zusammenrücken. Wer aufgefordert wird zum Wettstreit ohne oder für zu geringe Honorierung, sollte zumindest mit den konkurrierenden Kollegen und dem Auftraggeber über angemessene Vergütung sprechen oder die Kammer frühzeitig informieren, damit vielleicht aus einem „grauen Wettbewerb“ doch noch ein lupenreiner wird.
Vizepräsident Ernst Wolfgang Eichler, Alzey