03. Januar 2023

Nachhaltiges Wohnen – Positionspapier

Diskussionsrunde
In der von Ralph Szepanski moderierten Gesprächsrunde: Alexander Rychter, Verbandsdirektor des VdW RW, Finaz- und Bauministerin Doris Ahnen, Dr. Axel Tausendpfund, Verbandsdirektor des VdW südwest, Vizepräsident Joachim Becker und Präsident Joachim Rind (vlnr).
Foto: Kristina Schäfer, Mainz

Architektenkammer und Wohnungswirtschaft treten in einem gemeinsamen Positionspapier für die konsequente Entwicklung des Gebäudebestands ein

Der entscheidende Hebel für eine Nachhaltigkeitsoffensive am Bau ist die Entwicklung des Gebäudebestandes, sind sich die Autoren des Positionspapiers „Nachhaltiges Wohnen“ sicher. Dazu gehören eine Lebenszyklusanalyse ebenso wie die Betrachtung des gesamten Quartiers. Am 21. November stellten die Architektenkammer sowie die Arbeitsgemeinschaft rheinland-pfälzischer Wohnungsunternehmen ihre zentralen Forderungen im Zentrum Baukultur im Beisein von Finanz- und Bauministerin Doris Ahnen vor.

   

  

„Wenn ich ein Gebäude umbaue, muss ich heute Standards einhalten, die auch für einen Neubau gelten. Das ist aber oftmals unverhältnismäßig und führt dazu, dass das alte Gebäude eher abgerissen und ersetzt, als saniert wird. Damit geht die im Bestand gebundene, sogenannte ‚graue Energie‘ verloren. Die durch den Ersatzneubau entstehenden, neuen CO2-Emissionen sind aber im Gebäudebetrieb kaum wieder aufzuholen. Das hat die Bundesstiftung Baukultur in ihrem soeben erschienenen Baukulturbericht nachgewiesen. Die Lösung liegt in der Bestandsentwicklung,“ so Kammerpräsident Joachim Rind bei der Vorstellung des Papiers, dessen vier Kernforderungen so lauten:

Anreize richtig kalibrieren

Da sich Die Kosten für Neubau, Sanierung und Modernisierung von Wohnungen in den vergangenen Jahren stetig erhöht und von der allgemeinen Preissteigerung entkoppelt haben, plädieren Kammer und Wohnungswirtschaft für langfristig verlässliche Förderprogramme von Bund und Land mit der Verstetigung von Fördermitteln auf hohem Niveau. Darüber hinaus sollten Förderkonditionen regelmäßig angepasst werden. Der Fokus der Förderung muss auf der CO2-Vermeidung oder ?reduzierung liegen, dabei aber nicht beim Einzelgebäude stecken bleiben, sondern verstärkt Quartiere in den Blick nehmen.

Systemisch statt isoliert denken

Noch immer liegt der allgemeine Bewertungsfokus auf dem Einzelgebäude sowie dessen Primärenergiebedarf und Effizienz. Zielführender ist, Gebäude im räumlichen Zusammenhang zu betrachten. Die Partner plädieren daher für den Vorrang der Innentwicklung vor der Neuversiegelung von Flächen und für die Aktivierung von Leerstand mittels Sonderförderung. Zentral wird dabei sein, die Grenzen der Bilanzierungsebene systemisch vom Einzelgebäude auf das Quartier auszuweiten und abweichende Maßnahmen und Standards am einzelnen Gebäude zuzulassen, wenn die Energieeffizienz der Gesamtmaßnahme sicherstellt ist. Hinzu kommt für die Nutzung des Keimzellenpotenzials, also der energetischen Mitversorgung umliegender Gebäude.

Lebenszyklus statt Nutzungsphase bewerten

Aktuell wird in Deutschland vor allem die Nutzungsphase von Gebäuden betrachtet, um den Energiebedarf und damit Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Die Forderungen lauten daher: Ermittlung des gesamten Ressourcenaufwandes über den Lebenszyklus hinweg – inklusive der grauen Energie und aller Betriebskosten – als Bestandteil von Planung, einfach anwendbare Nachweisverfahren und die Bestätigung der Wirtschaftlichkeit bis zu einer Kostenäquivalenz von Sanierung und Ersatzneubau.

Bestandserhalt vor Neubau – Sanierung leben

Da der Bausektor zu den ressourcenintensivsten Wirtschaftssektoren gehört, ist eine ressourcenschonende und auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Kreislaufwirtschaft essentiell. Bau- und Abbruchmaterialien sollten daher möglichst minimiert werden. Hierzu ist nach Auffassung der Partner nötig, die Entwicklung einer Musterumbauordnung zur Einführung flexiblerer Regelungen für das Bauen im Bestand voranzutreiben. Bei Planung und Errichtung ist die Kreislauffähigkeit zur berücksichtigen. In der Bestandsentwicklung sollen – sofern nicht relevant für Leib und Leben - bauzeitliche Standards fortgelten. Darüber hinaus werden ist die Öffnung der Zulassungsbedingungen für wiederverwendete Bauteile und Baustoffe sowie eine Privilegierung gegenüber Primärbaustoffen bei technisch gleichwertiger Anwendung gefordert.

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