Seit der Ankündigung des Bundeskabinetts, die Solarförderung herunterzuschrauben, steht die Republik unter Strom. Das Thema ist ein dankbares für die politische Auseinandersetzung, kann man doch so ziemlich alles falsch machen. Die Energiewende ist unumkehrbar, Ersatz fürs Atom muss her. Werden jetzt kurzfristig Zuschüsse reduziert, lässt sich mit Verlust von Arbeitsplätzen und mit Behinderung des Ausbaus argumentieren. Bleibt die Förderung wie sie ist, steigen die Umlagen weiter. Schon jetzt zahlt jeder Durchschnittsmichel 70 Euro pro Jahr in den Fördertopf, und Deutschland liegt mit seinen Strompreisen für private Haushalte - glaubt man Analysen der EU-Komission - an der einsamen Spitze in Europa. Wie auch immer, am Ende geht es - wenn auch aus verschiedenen Blickrichtungen - nur um Geld und politisches Kalkül.
Dabei hätte man schnellstmöglich über den Tellerrand zu schauen. Denn neben ökonomischen Aspekten haben wir auch eine zukunftsfähige Gestaltung der Umwelt für unsere Nachkommen im Auge zu behalten. Dem wird das Zukleistern allen historischen Erbes mit Dämmstoff ebenso wenig gerecht, wie die ungezähmte Verspargelung unserer Landschaft mit Windrädern oder zerfledderten Photovoltaikanlagen auf jedem noch so unpassenden Dach. Eher früher als später wird das Ergebnis planlosen Handelns ohne Beachtung gestalterischer Kriterien seine häßliche Fratze zeigen - kontraproduktiv für andere wichtige Vorhaben, z.B. die Tourismusförderung. Höchste Zeit, differenzierter zu denken; jeder Ort, jedes Gebäude braucht sein individuelles Energiekonzept. Dafür müssen wir Architekten in Politik und Verwaltung sensibilisieren und werben. Statt auf der Welle von Kaufleuten und Technokraten hin zur Verunstaltung der Umwelt mitzutreiben, müssen wir schwimmen ... gegen den Strom.
Vizepräsident Ernst Wolfgang Eichler, Alzey