01. Juni 2012

Regionales Netzwerken

Vostandsmitglied Frank Böhme zeigt in der Juni-Ausgabe 2012 des Deutschen Architektenblattes auf, welche Bedeutung Architektur und die Gestaltung des öffentlichen Raumes für die Zukunftsicherung der Stadt- und Ortskerne im ländlichen Raum haben. 

Ende März fanden in Unkel und Altenkirchen zwei von der IHK Koblenz initiierte Veranstaltungen unter dem Thema: „Lebendige Stadtmitte - lebendige Stadt = wirtschaftlicher Erfolg“ statt. Die Architektenkammer Rheinland-Pfalz war angefragt, einen Programmbeitrag zum Themenkomplex „Baukultur - Architektur - Gestaltung“ des öffentlichen Raumes zu leisten.
Anlass für die Veranstaltung waren einerseits die von der IHK Koblenz seit 2009 durchgeführte Reihe „Perspektiven für den Handel im ländlichen Raum“ und andererseits die Veranstaltung zum ExWost-Projekt „Private Initiativen in der Stadtentwicklung“ Mitte Dezember in Bernkastel-Kues mit der Zielsetzung, diese in Rheinland-Pfalz kaum angewandte Form der Innenstadtentwicklung voranzutreiben.

Die Herausforderung „Lebendige Stadtmitte - lebendige Stadt“ besteht darin, die Themen Baukultur und private Initiativen mit den Interessen des Handels im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zusammen zu bringen. Baukultur ist zwar nicht nur Baukunst, aber vielen Planern und Architekten fällt es nach wie vor schwer, in ihrem Handeln die sozialen und wirtschaftlichen Belange der Aufgabenstellung angemessen zu berücksichtigen - und in Businessplänen kommt das Thema Baukultur und Gestaltungsqualität weder bezogen auf den Laden (Gebäude) noch auf das Umfeld (öffentlicher Raum) vor oder findet nur unangemessen Berücksichtigung!

Neben meinem Vortragsthema „Welche Bedeutung haben die Architektur und die Gestaltung des öffentlichen Raumes für die Zukunftssicherung der Stadt- und Ortskerne im ländlichen Raum“ wurde seitens des Landesverbandes Haus+Grund zum Thema „Eigentümer-Standortgemeinschaften“ referiert, ein Vertreter der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz zeigte die Möglichkeiten der Städte-bauförderung für aktive Stadt- und Ortsteilzentren auf und der Bürgermeister von Hachenburg berichtete über seine Erfahrungen zum Leerstandsmanagement. Die Veranstaltungen waren mit jeweils 60-70 Teilnehmern sehr gut besucht. Besucher waren hauptsächlich Geschäftsleute, Kommunalpolitiker und engagierte Bürger aus der Region, wenige Planer und Architekten! Nach den Vorträgen gab es Diskussionsrunden und einen intensiven Austausch mit den Besuchern. Die Presse und das regionale Fernsehen berichteten.

Fazit:

Auch wenn seit geraumer Zeit von nachhaltiger Entwicklung gesprochen wird und die Themen „Schrumpfung, Ladenleerstand, Entleerung des ländlichen Raumes, Verödung der Innenstädte etc.“ in aller Munde sind, so bleibt festzuhalten, miteinander in den Gedanken- und Erfahrungsaustausch zu kommen und unterschiedliche Sicht- und Herangehensweisen in zielgerichtete Projekte umzumünzen, funktioniert kaum bzw. noch viel zu selten! Der Prozess der Bewusstseinsbildung, dafür dass Nachhaltigkeit etwas mit Identität und Qualität zu tun hat und im täglichen Handeln verhaftet sein sollte, kommt schwer in Gang bzw. findet zu wenig Resonanz und Unterstützung. Es ist - wie so oft - eine Frage der Kommunikation, des Austausches über die Erfahrungen, die gemeinsame Weiterentwicklung, insbesondere zu konkreten Problemstellungen in der Region und vor Ort.

Kammer aktiv

Im vorletzten Leitartikel hat mein Vorstandskollege Manfred Müller das Thema Öffentlichkeitsarbeit der Architektenkammer angesprochen. Ich möchte hier anknüpfen, denn auch ich sehe eine Notwendigkeit und Chance, mit neuen Aspekten, Themen und Aufgaben in der Öffentlichkeitsarbeit die Bedeutung der Kammer und die Motivation der Mitglieder vor Ort zu stärken, indem die Herausforderungen nicht nur zentral, sondern mit den Interessierten, mit Kooperationen und Aktionen vor Ort angegangen werden. Mit und aus Mitteln des Öffentlichkeitsbudgets sollten regionale Aktionen der Kammer unterstützt und initiiert werden.

Das Thema „Wein und Architektur“ stellt ein Vorbildmodell im Sinne der Umsetzung von Baukultur vor Ort in Zusammenarbeit mit den Interessen der Winzer dar. „Gastronomie und Architektur“ oder „Handel und Architektur“ sollten meines Erachtens die weiter zu entwickelnden Themen sein. Das wird nicht einfach! Denn der Handel ist nicht so homogen wie das Einzelthema Wein. Es wird vielfach noch zu oft einzeln gehandelt! Damit hat seit Jahren das Citymanagement zu kämpfen. Aber Veranstaltungen wie in Unkel und Andernach, mit aktiven Akteuren anderer Professionen und Organisationen sowie interessierten und engagierten Bürgern haben gezeigt, welcher Informationsbedarf und welche Bereitschaft besteht, um einen nachhaltigen, qualitätsvollen und Identität schaffenden Erneuerungsprozess in Gang zu setzen.

Da sind die Kammermitglieder herausgefordert, sich im offenen Dialog einzubringen und als „Sachwalter der Baukultur“ vor Ort dazu beizutragen, dass diese auch stattfindet.

Frank Böhme, Vorstandsmitglied

 

Archivbeitrag vom 01. Juni 2012