07. Juni 2016
Stadt + Landschaft | Klimaschutz
"Den Erfordernissen des Klimaschutzes soll sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen, Rechnung getragen werden". Das ist eine der grundlegenden Vorschriften, die der Gesetzgeber in § 1a Abs. 5 BauGB vor wenigen Jahren neu in den Abwägungskatalog der Umweltgüter ergänzend präzisiert hat. Das war auch Anlass für die diesjährige Frühjahrssitzung der Landschaftsarchitekten und Stadtplaner in der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, zwei renommierte Berufskollegen einzuladen, um anhand konkreter Planungs- und Projektbeispiele Erfahrungen in der Anwendung dieser Leitbildes und in der Umsetzung auf der Ebene der tatsächlichen Planungspraxis zu kennenzulernen.
Den ersten Impulsvortrag hielt Gunther Wetzel vom Büro Planung+Umwelt aus Stuttgart. Nach einem kursorischen Überblick über die allgemeinen klimarelevanten Umweltziele, der bioklimatischen Gefahren und Zukunftsszenarien, der Anpassungsbedarfe und -strategien, nicht zuletzt der planungsrechtlichen Instrumente schilderte Wetzel anhand beispielhafter Plandarstellungen, wie in empfindlichen Landschaftsräumen wie dem Neckartal Klima und Luft kartiert, bewertet und integriert werden. Der entsprechende Fachbeitrag zum Flächennutzungsplan wird dort "Klimaanpassungslayer" genannt und beinhaltet als strategisches Vorsorgeinstrument die strukturellen und inhaltlichen Vorgaben ebenso wie Umsetzungsszenarien und Maßnahmenkataloge an konkret identifizierten Problemschwerpunkten. Dass das Maßnahmenbündel interdisziplinär und synergetisch dem Biotopverbund, dem Wasser- oder Bodenschutz, nicht zuletzt den Zielen eines regionalen Landschaftsparks oder eines lokalen Freizeit- und Erholungsangebotes dient, ist anschaulich gemacht worden. Die älteren Landschaftsplaner in der Runde erkannten alte Lehrsätze in neuem Gewand wieder, sei es die Freihaltung der Tallagen für den Kaltluftabfluss oder nur die mikroklimatische Wohlfahrtswirkung von schattenspendenden Großbäumen in der Stadtmitte. In der nachfolgenden Diskussion ist die inhaltliche und methodische Ausarbeitung des Büros Planung+Umwelt gewürdigt worden. Allerdings sind sich viele auch einig gewesen, dass ein großer Anteil der Analysedaten und Planungsaussagen Gegenstand landschaftsplanerische Grundleistungen sind. Insofern ist an dieser Stelle erneut zu bedauern, dass die Landschaftsplanung in Rheinland-Pfalz, auch auf der Ebene des Grünordnungsplanes, vielfach nur reduziert angewendet wird für den Biotop- und Artenschutz. Eine ganzheitliche Betrachtung und Bewertung, die die naturräumlichen Standortbedingungen und Grenzen über die engere Planumfassung hinaus, in den Blick nehmen, fehlen. Es wäre zu wünschen, wenn anhand derartiger Modellprojekte die Notwendigkeiten breiter propagiert werden könnten, um die berufsständischen Kompetenzen von Landschaftsarchitekten und Stadtplanern an einer zentralen energiepolitischen Fragestellung zu verdeutlichen.
Der zweite Vortrag von Friedrich Hachenberg, Stadtplaner aus Boppard, nahm das Quartier, sowohl das städtische in Cochem als auch das dörfliche im Hunsrück in den Blick. Vor dem Hintergrund von gesellschaftlichem Wandel, der Digitalisierung und energetischen Erneuerungsbemühung sei das Quartier eine neue Handlungsebene. Dort gelte noch der menschliche Maßstab, in dem räumliches und soziales Gefüge Struktur und Hintergrund von Auseinandersetzung und Umsetzung sind. Hachenberg stellte anhand einer komplexen Förderkulisse, im Speziellen anhand der "kfw 432 Förderung Energetische Stadt- und Quartiers- Sanierung" Managementoptionen, Konzepte und Maßnahmenmöglichkeiten vor, die integraler Bestandteil kommunaler Planungen in Stadt und Dorf sind. Ganz wichtige Bausteine sind Koordinieren, Strukturieren, Motivieren und Organisieren. Ein weites Themenfeld, das nicht allein vom Stadtplaner, sondern nur in enger interdisziplinärer Kooperation nicht zuletzt mit Energietechnikern erfolgreich bearbeitet werden kann.
Die anschließende Diskussion zeigte noch einmal die Dringlichkeit und die Aktualität des Themenkomplexes für den gesamten Berufsstand auf. Die Nachfragen ließen erkennen, welche Seminarthemen möglicherweise interessante, sicherlich aber wichtige Ergänzungen und Weiterentwicklung dieser Veranstaltung sein können. Die knapp 25 Gäste der neuen Reihe Stadt und Landschaft jedenfalls sind fast vollständig bis zum Abschluss geblieben, der mit Wein und ein paar belegten Broten einen kleinen geselligen Abschluss fand.
Save the date: Das Herbsttreffen von "Stadt und Landschaft" findet am Mittwoch, den 7. September 2016 von 15 bis 18 Uhr in der Landesgeschäftstelle der Architektenkammer Rheinland-Pfalz statt.