18. Juni 2019

Verkehrte Welt, Architekten in der Krise

Porträt Thomas Dang
Thomas Dang
Foto: Heike Rost, Mainz

Architekt*innen gesucht

Die Situation der Architektenschaft ist katastrophal. In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl arbeitsloser Architekten verfünffacht. Zwei Drittel der meist mittelständisch organisierten Büros kämpfen gegen den Bankrott. Absolventen erhalten keine Jobs. Der Berufsstand steckt in seiner tiefsten Krise.
Gerhard Matzig in der Süddeutschen Zeitung vom 17. Mai 2010

Wie sehr sich die Situation verändert hat. Die Auftragslage ist sehr gut. Die Bauwirtschaft boomt! Doch die Personalsituation ist besorgniserregend. Personalgesuche überschreiten das Angebot bei weitem. Der Berufsstand steckt wieder in einer Krise und das in Zeiten wachsenden Wohnraummangels.

Beim letzten „kammer-start“, einer Veranstaltung der Architektenkammer Rheinland-Pfalz für Berufseinsteiger*innen und Absolvent*innen, war der Versuch von anwesenden Büroinhaber*innen Mitarbeiter*innen zu gewinnen, erste Kontakte zu Nachwuchskräften zu knüpfen, ernüchternd. Die Situation stellte sich extrem anders dar, als noch vor neun Jahren. Die meisten Nachwuchskräfte hatten bereits einen Job oder wollten erst den Masterstudiengang absolvieren.

Wegen Personalmangel können die vielfältigen Bauaufgaben, die große Anzahl von Aufträgen nicht angenommen oder in der gewohnten Qualität bearbeitet werden. Oft bleibt nur der Weg, Anfragen abzulehnen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt auszuführen. Wer hätte dies noch vor ein paar Jahren gedacht?

Wir brauchen einen dualen Master, um dem Fachkräftemangel entgegenzutreten.

Dringender als je zuvor benötigt die Architektenzunft Nachwuchs. Doch nicht nur der Architektenberuf, das gesamte Bauhandwerk ist vom Fachkräftemangel betroffen. Wie lässt sich das Dilemma zwischen einer qualifizierten Ausbildung und der starken Nachfrage am Arbeitsmarkt lösen? Die von der Vertreterversammlung angestrebte Gesetzesänderung mit der Einführung eines „Junior-Architekt*in“ ist nur ein erster Versuch, die junge Generation an die Architektenkammer frühzeitig heranzuführen. Aber wie können wir die bereits in den Büros arbeitenden sechssemestrigen Bachelorabsolvent*innen dabei unterstützen, einen berufsqualifizierenden Abschluss zu machen? Wir können in unseren Büros eine berufsbegleitende Ausbildung zum Masterstudiengang anbieten. Dafür bedarf es zunächst der geplanten Änderung des Hochschulgesetzes Rheinland-Pfalz, welches das duale Studium im Master ermöglicht. Anfang 2020 soll es soweit sein. Mindestens eine Hochschule muss dann einen dualen Masterstudiengang anbieten. Gemeinsam mit Politik und Hochschulen sind wir in der Lage, die Krise des Fachkräftemangels zu lösen.

 

Archivbeitrag vom 18. Juni 2019