Seit mit der VOF europäisches Vergaberecht für Architektenleistungen in nationales umgesetzt wurde, wird über deren Vor- und Nachteile diskutiert. Einerseits werden Transparenz und Rechtssicherheit bei Vergaben über Schwellenwert - derzeit 206.000 Euro Honorar - gelobt, andererseits wird kritisiert, dass VOF-Verfahren - wenn ohne Gestaltungswettbewerb - durch ihre Fokusierung auf Kriterien wie Umsatz, Mitarbeiterzahl, Büroausstattung, etc. zu Marktkonzentration und Bevorzugung großer Büros führt. Die Kritik ist nicht ganz unberechtigt; oft können Büros die erste Schwelle zum Verfahren, den Nachweis vergleichbarer Referenzen, nicht überwinden. Wir leiden dennoch nicht an der VOF, sondern an deren Umsetzung im Einzelfall.
Die Architektenkammer ist im Dialog mit öffentlichen Auftraggebern, beispielsweise beim alljährlichen Vergabetag, um schlanke Verfahren zu entwickeln, die jüngere und kleinere Büros nicht benachteiligen; Hauptziel dabei auch, den Entwurf als Kriterium einzubetten. Weiterbildungsveranstaltungen vermitteln darüber hinaus, wie man sich richtig und fehlerfrei im VOF-Verfahren bewirbt.
Der Einzelne muss sich aber auf den offeneren, transparenteren und hart umkämpften Markt einstellen. Das ist alleine oft nicht möglich; die Bildung von Partnerschaften, Bietergemeinschaften, Netzwerken usw. ist angesagt. Das mag für den von Individualisten geprägten Berufsstand befremdlich klingen. Beispiele von Kollegen, die gemeinsam und erfolgreich Stärke im Verfahren bewiesen, bestätigen aber diesen Weg. Im Übrigen, besser waren die Voraussetzungen vor der VOF-Einführung auch nicht, nur intransparenter und ohne Rechtsschutz für den Einzelnen. Etwa 20 Prozent der öffentlichen Aufträge liegen über dem Schwellenwert; gut, dass diese jetzt dank VOF einem breiten Markt zugänglich geworden sind.
Vizepräsident Ernst Wolfgang Eichler, Alzey
Archivbeitrag vom 17. Oktober 2008