Googelt man den Begriff a+b Architekten, erscheint erst auf der zweiten Seite ein allererster Hinweis darauf, wer oder was sich dahinter verbergen könnte. Der Begriff a+b Architekten bezeichnet eine immer größer werdende Gruppe innerhalb der Architektenschaft: die angestellten und beamteten Architekten. Knapp 50 Prozent der Kammermitglieder in Rheinland-Pfalz zählen dazu und deren Anteil wird sich zukünftig weiter erhöhen. Ein Trend, der auch Auswirkungen auf die Entwicklung der Kammerarbeit und den Kammerhaushalt haben wird.
Als 1950 die Architektenkammer Rheinland-Pfalz als sogenannte „kleine Kammer“ gegründet wurde, war eine Mitgliedschaft zunächst nur den Selbstständigen vorbehalten. 1989 wurde sie dann auch für die nicht selbstständigen Berufsangehörigen geöffnet. Anfänglich machten diese nur eine kleine Minderheit aus, mittlerweile hat sich die Mitgliederstruktur jedoch zugunsten der a+b Architekten gravierend verändert, während sie nach wie vor einen deutlich geringeren Anteil der Beitragseinnahmen in den Kammerhaushalt leisten. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie die a+b Architekten in den Gremien der Kammer überhaupt vertreten sind und wie man eine adäquate prozentuale Interessensvertretung und eine angemessene Interessenswahrnehmung erreichen kann. In der aktuellen Vertreterversammlung wie auch im Vorstand ist diese Mitgliedergruppe leider deutlich unterrepräsentiert. Dabei sind es gerade diese beiden Gremien, in denen man sich berufspolitisch einbringen und etwas bewirken kann. Doch wie kann man Kollegen motivieren, sich zu engagieren? Ist der Grund für die mangelnde Beteiligung allgemeines Desinteresse? Ist der zeitliche Aufwand zu hoch? Oder wird die Kammer immer noch als die Kammer der Selbstständigen wahrgenommen? Unter anderem diesen Fragen stellt sich die im vergangenen Jahr gegründete Arbeitsgruppe „Erfahrungsaustausch der a+b Architekten“. Hier wird offen über die Situation der Angestellten und Beamten gesprochen und konstruktiv nach Lösungsansätzen gesucht.
Kammerarbeit ist natürlich mit Zeitaufwand verbunden und für angestellte Architekten ist es ungleich schwieriger an Sitzungen und Veranstaltungen teilzunehmen, da es bisher keinen geregelten Anspruch auf Freistellung für berufspolitisches Engagement gibt. Angestellte können in der Regel auch nicht autonom über ihre Arbeitszeiten entscheiden. Und längst nicht jeder Chef ist begeistert, wenn sich ein Mitarbeiter berufspolitisch engagiert. Hier gilt es, neue Rahmenbedingungen zu schaffen, die es Angestellten und Beamten einfacher machen, sich aktiv zu beteiligen. Darüber hinaus ist es wichtig zu hinterfragen, wie die Interessensvertretung der Kammer von den Mitgliedern wahrgenommen wird. Viele der a+b Architekten fühlen sich, wie das Ergebnis der Arbeitsgruppe zeigt, nur unzureichend vertreten. Angestellte Architekten haben erfahrungsgemäß eine andere Sichtweise als Büroinhaber auf ihre berufliche Tätigkeit. Bei ihnen geht es häufig um arbeitsrechtliche Fragen, Fragen zur Fort- und Weiterbildung, zum Versorgungswerk und zum Tarifrecht. Hierzu ist zu sagen: Die Kammer ist für alle Mitglieder da und gibt selbstverständlich auch Auskunft zu diesen Fragen. Um die Situation der a+b Architekten insgesamt besser einschätzen zu können, wurde in diesem Frühjahr eine bundesweite Struktur- und Gehaltsumfrage vom Hommerich Institut durchgeführt. Derzeit werden die Antworten wissenschaftlich ausgewertet, die Ergebnisse werden vorgestellt, sobald sie vorliegen.
Weitere wichtige Themen, mit denen sich die Arbeitsgruppe befasst, sind eine zeitgemäße Weiterentwicklung des Berufsbildes, die Sicherung der Arbeitsplätze, die weitere Sicherung der Mitgliedschaft im Versorgungswerk und die Schaffung von familienfreundlichen und gleichberechtigten Arbeitsbedingungen. Es geht aber auch um mehr Öffentlichkeit für Angestellte und Beamte sowie um die Sicherung von Bauqualitäten und Baukultur, insbesondere bei öffentlichen Bauaufgaben. Angestellte Architekten arbeiten heute in den unterschiedlichsten Bereichen der Bauwirtschaft. Als Projektentwickler in Entwicklungsgesellschaften, bei Behörden, bei Verbänden, bei Banken und in der Industrie stoßen sie Projekte an und entwickeln diese, sie generieren die Aufträge für ihre selbstständigen Kollegen. Doch viel zu selten wird über diese Arbeit berichtet. Auch in den freien Büros steht in der Regel nicht der Projektleiter, sondern der Büroinhaber im öffentlichen Fokus. Zweifelsfrei trägt dieser das betriebswirtschaftliche Risiko und er ist auch der erste Ansprechpartner für den Bauherrn, doch daneben ist der Blick des Projektleiters auf eine fertiggestellte Bauaufgabe durchaus interessant. Ein Forum für a+b Architekten soll geschaffen werden, in dem diese aus ihren beruflichen Erfahrungen berichten. Dies wird durch eine Kolumne im Architektenblatt sowie durch Werkberichte bei Veranstaltungen geschehen.
Eine kritische Entwicklung ist zudem, dass Führungspositionen und Stellen bei öffentlichen Bauverwaltungen, die zuvor mit ausgebildeten Architekten besetzt waren, heute häufig mit Juristen, Betriebswirten oder Verwaltungsangestellten neu besetzt werden. Gerade der öffentliche Bauherr hat im Hinblick auf die Baukultur eine besondere Verantwortung. Ich bin der Meinung, dass Architekten aufgrund ihrer umfassenden Ausbildung prädestiniert sind, Baukultur und Bauqualität innerhalb der Verwaltungen zu kommunizieren. Unsere Berufsgruppe sollte sich hier nicht das Heft aus der Hand nehmen lassen.
Zum Schluss: Eine starke Präsenz der a+b Architekten in den Gremien der Kammer sichert unsere Interessensvertretung. Berufspolitisches Engagement ist auch für Angestellte und Beamte von großer Bedeutung und es macht Spaß, mitzuwirken. Damit unsere Interessen gut vertreten werden, wünsche ich mir für die Zukunft eine höhere Präsenz und ein selbstbewusstes Auftreten der a+b Architekten in den Gremien der Architektenkammer.
Archivbeitrag vom 19. Juli 2013